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Einleitung
nen Anfängen eine universale Missionsreligion ist, einer Entwick
lung des heiligen Krieges entgegen. Wenn alle Völker in gleicher
Weise zur Verehrung des allein wahren Gottes berufen sind, dann
geht es njcht mehr an, die Sache des einen kriegführenden Volkes
ohne weiteres für die Gottes zu erklären. Auch der Gedanke des
Glaubenskrieges gegen die Ungläubigen trifft auf große Schwie
rigkeiten durch den Konflikt mit der Missiönspflicht. Denn daß die
Bekehrung ein geistiger Vorgang sein und aus eigenem_Entsdiluß |
vollzogen werden müsse, wird in allen Kulturreligionen gefordert.
Charakteristisch ist hierfür die islamische Lehre vom heiligen
Krieg: der Djihad, wie Muhammed ihn proklamierte, hat im Grunde i
die Ausdehnung der äußeren Herrschaft der muslimischen Ge- ]
meinde zum Zweck. Ist der heibge Krieg einmal erklärt, so sollen
die Ungläubigen durch ihn nicht bekehrt, sondern tributär gemacht,
also staatlich unterworfen werden; auch dies dient zur Verherr
lichung Allahs und ist deshalb ein heiliges Werk. Die Annahme
des Islam durch die Unterworfenen mag dann eine Folge sein; der
unmittelbare Zweck des heiligen Krieges selbst ist sie nicht. Für
das Christentum aber bleibt auch ein so verstandener Glaubenskrieg
von problematischem Wert. Die bloße Unterwerfung der Heiden
galt zwar hier und da auch auf christlichem Boden schon als ein
heiliges Werk, aber keineswegs immer; es geht zu weit, wenn man
den angeblichen Beruf des Christentums zur Weltherrschaft als die
Wurzel des Kreuzzugsgedankens hingestellt hat 1 2 ). So trifft denn
auch die übliche Auffassung, daß sich die Kreuzzugsidee ziemlich
geradlinig und reibungslos entwickelt habe, keineswegs zu s ).
1) P r u t z, Kreuzzüge S. 13.
2) Uber die Stellung der Kirdie zum Kriege gibt es nur für die ersten
drei Jahrhunderte eingehendere Arbeiten, vor allem die klassische Studie
von Harnack über die Militia Christi. Für die Folgezeit bis etwa
zum Jahre 1000 existieren meines Wissens nur kurze Übersichten, die ich
— bei mannigfachen Abweichungen im einzelnen — jedenfalls mit Nutzen
konsultiert habe. Ich nenne: Gautier, Chevalerie S. 2—14; Gottlob.
Kreuzablafl S. 13—36; G ö r r i s, Denkbeeiden S. 9—11; Pissard, Guerre
sainte S. 1—3; Köhler, Hauckfestschrift S. 138—143; Finke, Gedanke
S. 15 ff.; M a s c h k e,' r Deutsdiorden S. 3—8; Erben, Kriegsgeschichte
S. 53—57. Einige Quellenhinweise entnahm idi auch der Dissertatio de
antiqua disciplina christianae militiae des Lupus (Opp. post. S. 94 ff.).
Die folgenden Ausführungen versuchen, das Verständnis des schwierigen