18 Großstadt-Dokumente Bd. 39. Der Hamburger „Junge Mann".
zielle Persönlichkeiten sieht man doch nur vor Streit
oder dem Hamburger Hof, wenn man sie überhaupt
sehn will. Aber das ist natürlich gar keine Frage,
daß einen Hamburger „Jungen Mann" ein „gemachter
Mann von drüben" selbstverständlich in höchstem Maße
interessieren muß.
Die Mittagspausen verschleudert man also am besten
am Jungfernstieg. Man plaudert hier ein paar Minuten,
bleibt dort ein bißchen stehn, stattet dem Pavillon eine
kurze Orientierungsvisite, schreitet die Parade unter
Palmen ab, kommt womöglich auch auf eine „Platte".
Wem das Glück lächelt, der sondiert mittags auch
schon mit Erfolg das Terrain für den Abendbummel.
Denn die kräftigsten Grundsätze hindern natürlich den
„Jungen Mann" nicht, Umschau unter den Töchtern des
Landes zu halten. Es hat schon manche in den Arkaden
ein Glück auf Kündigung gefunden.
Treffen sich zwei „Kollegen", so werden sie mit
unfehlbarer Sicherheit sofort ein Gespräch übers Geschäft
oder über Sport beginnen. Und beide Themata sind
dem „Jungen Mann" unerschöpflich. Es gibt immer zu
kritisieren, zu planen, zu tadeln und zu loben. In der
Hauptsache allerdings — Heldentaten gegen den
Prokuristen zu berichten.
Im Laufe des Arbeitstages ist die Klöhn-zeit auf
dem Jungfernstieg für einen rechtschaffnen jungen Mann
natürlich sehr kurz, die Mittagzeit ist nicht sehr groß.
Dagegen hat der Hamburger „Junge Mann" vor
dem im Reiche, und speziell in Berlin, etwas Besonders
voraus. Er beginnt sein Tagewerk nicht schon um
Mitternacht, sondern erst um 9 Uhr vormittags. Früher
öffnet ein Geschäft, das etwas auf sich hält, schon
gar nicht.