Auf dem Jungfcrnstieg.
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Das eigentliche Leben entfaltet der „Junge Mann"
auf dem Jungfernstieg erst nach Geschäftsschluß. Da
kann er leichten Herzens sogar die Dresdner Bank
ignorieren, — da sucht sein Blick nur das ewig Weib
liche. Er promeniert mit einer unendlich beharrlichen
Ausdauer — jetzt von der Hermannstraße bis zum
Gänsemarkt, — und er läßt die Blicke schweifen. Dort
die Braune — hier die Blonde. Vor Kempinski faßt
er Posto. Erstens macht sich das nicht übel und
erleichtert die Präliminarien, zweitens ästimiert man
Kempinskis Hund immer gern — denn der Hund ist
ein Prachtstück, und Kempinski sieht es gern, — drittens
hat man von Kempinski aus den ganzen Blick durch die
Alsterarkaden — und die sind geradezu ein Jungbrunnen
für Hamburger Schönheiten, so „ins Geschäft" sind —
noch? und auch, was vom Reesendamm und Rathaus
markt kommt, ist gezwungen, hier „längs" zu kommen.
Am Neuen Wall und Hohe Bleichen bilden sich
Konventikel, teils gemischt, teils ungemischt. Beide
Straßen sind ja die Hauptverkehrsadern, — und in den
Detailgeschästen bevorzugt man auch in Hamburg die
jungen Damen. Haben sie sich gefunden, so wird je
nach der Veranlagung und der Generosität des jungen
Mannes Beratung vor Kempinski, vor Neuen Wall
oder vor Große Bleichen gehalten, — oder aber, es
geht, besonders bei vorgerücktem Monatsdatum direkt —
ins Automaten-Restaurant und Cafe. Auch da kann es
unter Umständen ganz nett sein, — schon deshalb, weil
man gegen unvorhergesehene Gelüste der Begleiterin
geschützt ist. Sie muß vorher ansagen, was sie will, —
und dann ist ein ebenso liebenswürdiges wie entschiednes
Ritardando immer mit Diskretion anzubringen.
Die nach St. Pauli zu pilgern gedenken, nehmen
den Weg über die Kolonnaden, — um an schönen
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