Full text: Die Frauen und das politische Leben

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Fiktion festhalten läßt, daß die Vertretung der Frau ihm 
zukomme und von ihm auch durchgeführt werden könne, dieser 
tiefere Grund liegt doch in der Jahrtausende alten Gewöhnung 
an das Mundium, in der Gewöhnung daran, die Welt als seine 
Welt zu betrachten, deren Ausgestaltung einzig von seinen: Wunsch 
und Willen abhängt und in die die Frau sich hineinzufinden habe. 
Diese Auffassung hat ja am naivsten ein heute ganz Vergessener 
vertreten, der einstmals so viel genannte Hofrat Albert in 
seinem 1895 erschienenen Buch „Die Frauen und das Studium 
der Medizin". Wenn er darin die Welt, wie sie heute steht, mit 
all ihren intellektuellen und technischen Errungenschaftei: als 
Männerwerk bezeichnet, so ist ihm das Recht dazu nicht ab 
zusprechen, sobald man nur die äußere Gestaltung ins Auge faßt 
und die tief in die Erde greifenden Wurzeln außer acht läßt. 
Aber wenn er dani: mit dem „Es ist alles recht gut" des 
Schöpfers auf diese Welt hinweist, so dürfte sich doch der Wider 
spruch auch in den eigenen Reihen regen. Alkoholismus, 
Prostitution, sittliches und soziales Elend in nmnnigfachster 
Form sind die großen dunklen Flecke auf diesem Bilde, die 
jeden: in die Augen fallen müssen. Aber auch abgesehen von 
diesen großen Schäden — es ist doch auffallend, wie einmütig 
gerade die führenden Geister in unserm Volke in der Über 
zeugung sind, daß wir trotz alles materiellen Aufstiegs noch 
keine eigentliche Kultur haben. In den Osterninnmern 
der Frankfurter Zeitung haben sich eine Reihe von Kultur 
kämpfern, Politiker, Künstler, Dichter und Philosophen zu der 
Frage nach der Zukunft unserer Kultur geäußert und ziemlich 
einstimmig ausgesprochen, daß wir um eine Kultur, die wir 
noch nicht besitzen, kämpfen müssen. Vielleicht ist auch anderen 
Frauen, die diese Reihe interessanter und bedeutsamer Äußerungen 
lasen, dabei der Gedanke gekonnnen, daß so manches, was da 
vermißt, so manches, was als kulturpolitische Aufgabe der 
Zukunft bezeichnet wird, vielleicht doch durch eine bessere Aus 
nutzung des weiblichen Faktors geschaffen werden könnte. 
Eine Ausnutzung, die darin bestehen würde, daß man den 
Frauen an der Kulturpolitik einen selbständigeren, bewußteren,
	        
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