Full text: Allgemeine Moralphilosophie. (01)

2. Wie die Geschöpfe Gott verherrlichen sollen. 
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um ihrer selbst willen begehrenswerte Vollkommenheit, nicht bloß die 
letzte Quelle, sondern auch das letzte Ziel, nicht bloß der Anfang, sondern 
auch der Endzweck aller Dinge zu sein. 
4. Das Wollen und Lieben muß, um vernünftig zu sein, der objek 
tiven Ordnung oder dem Werte der Dinge entsprechen. Nun sind aber 
alle geschaffenen Dinge nur gut oder begehrenswert durch Teilnahme 
an der Gutheit und Vollkommenheit Gottes. Also dürfen sie vernünftiger 
weise nur mit Unterordnung unter die göttliche Vollkommenheit erstrebt 
und geliebt werden. Gleichwie die Planeten nur vermittelst des ihnen 
mitgeteilten Sonnenlichtes leuchten, so sind die geschaffenen Dinge nur 
insofern gut, als sie teilnehmen an der unendlichen Vollkommenheit 
Gottes oder schwache Strahlen, matte Abbilder des Ewigen sind. Des 
halb sind sie nur mit Unterordnung rinter die Quelle alles Guten der 
Liebe wert. 
Mit unendlicher Liebe liebt Gott seine eigene Wesenheit als den In 
begriff und Urquell alles Guten; alle geschaffenen Dinge aber nur insofern, 
als sie an dieser Vollkommenheit teilnehmen und dieselbe widerstrahlen.. 
5. Gott ist das letzte Ziel alles Geschaffenen, um seiner selbst willen 
hat er die Welt ins Dasein gerufen. Aber welches ist das Gut, das 
Gott durch die Geschöpfe für sich erreichen will? SeineeigeneVer- 
herrlichung. 
Die äußeren Güter sind für ein vernünftiges Wesen nur in zwei 
facher Rücksicht begehrenswert: erstens insofern sie ihm nützlich sind 
oder als Mittel zur Erhaltung oder Vervollkommnung dienen; zwei 
tens insofern sie zu seiner äußeren Ehre und Verherrlichung beitragen. 
Nun kann Gott, der Unendlich Vollkommene, aus den Geschöpfen keinen 
Nutzen ziehen. Da er aber die Geschöpfe um seiner selbst willen ins 
Dasein gerufen, so folgt, daß er sie um seiner eigenen Verherrlichung 
willen oder um durch sie seine Güte und Vollkommenheit zu offeubaren, 
geschaffen hat. Diese Verherrlichung bildet also den letzten und höchsten 
Zweck des Geschaffenen. 
In der Tat, wer jemand vollkommen liebt, wünscht ihm auch alles 
Gute. Nun liebt Gott seine eigene Wesenheit mit unendlicher Liebe. 
Also will er ihr alles Gute. Sie kann aber nicht in sich selbst vollkom 
mener werden, sondern nur ihre Vollkommenheit durch schwache Nach 
bilder gewissermaßen ausstrahlen und erweitern. Und diese Verherr 
lichung will Gott als den höchsten Zweck aller seiner Werke. Alle sollen 
in ihren verschiedenen Arten und Abstufungen als ebenso viele Abbilder 
und Nachahmungen die unendliche Vollkommenheit Gottes darstellen 
und verkündend 
* 8. T h o m., C. gent. 1. 1, c. 75.
	        
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