Full text: Allgemeine Moralphilosophie. (01)

§ 3. Gott, der notwendige Gegenstand der menschlichen Glückseligkeit. 1ZZ 
in die N a t u r der Geschöpfe hinein, so daß diesen die Bewegung natür 
lich und deshalb angemessen und angenehm ist. Und welches ist das 
Ziel, auf das Gott alle Dinge hinordnet? Die Teilnahme an seiner 
unendlichen Güte. Gott ist Quelle alles geschaffenen Seins, inso 
fern er gut ist. Die Güte treibt ihn an, von seinen Gütern andern 
mitzuteilen. Deshalb empfangen auch alle andern Geschöpfe von ihm 
einen natürlichen Antrieb zum Streben nach dem Guten. Dieses Stre 
ben ist aber nichts anderes als ein Trieb nach größerer Teilnahme an 
der Güte Gottes oder nach Verähnlichung mit ihm. 
So findet ein großartiger Kreislauf im Universum 
statt. Alles Geschaffene geht von Gott, dem unend 
lich Guten, aus und strebt zu ihm zurück. Diese Kreisbe 
wegung bleibt jedoch in manchen Geschöpfen unvollendet, weil sie ihrer 
Natur nach das unendliche Gut nicht zu erreichen, sondern bloß zu einer 
gewissen Verähnlichung mit ihm zu gelangen vermögen. Das sind die 
vernunftlosen Wesen. In den vernünftigen Wesen dagegen kommt diese 
Kreisbewegung zur Vollendung, weil sie das unendliche Gut, von dem 
sie ausgegangen, durch Erkenntnis und Liebe zu erreichen und so zur voll 
kommenen Vereinigung mit ihm zu gelangen vermögen. Hierin liegt die 
einzig mögliche und wahre Synthese des Endlichen mit dem Unend 
lichen, nach der die moderne Philosophie zu streben behauptet. 
4. Aus dem Gesagten ziehen wir zwei Schlußfolgerungen: 
a) Der allen Menschen angeborne Trieb nach vollkommenem Glück ist 
gewissermaßen das Gravitationsgesetz der menschlichen Herzen. 
Gleichwie die Planeten durch die Gravitation immer nach der Sonne als 
ihrem Mittelpunkt hingezogen werden, so treibt der Drang nach voll 
kommener Beseligung die Menschen immer wieder zu Gott, der Sonne 
der Herzen, hin. Man kann diesen Glückstrieb auch ein von Gott dem 
Herzen eingepflanztes Heimweh nennen, das den Erdenpilger immer 
wieder zum Vaterhause hinzieht. Dieses unbewußte Heimweh ist einer 
der Gründe, warum es kein so rohes und verkommenes Volk gibt, das 
nicht eine Art Religion besäße, durch die es mit einer höheren unsicht 
baren Welt, mit Wesen höherer Art in Verbindung tritt. Laut und un 
gestüm verlangt der Trieb nach Glück Befriedigung. Umsonst aber sucht 
der Mensch sein Glück in den geschaffenen Dingen. Sie vermögen nicht 
die unendliche Leere seines Herzens zu füllen. Schon neigt sich der Tag 
seines Lebens, und mehr als je fühlt er das Ungenügende alles Irdischen 
für sein wahres Glück. Unbefriedigt und fragend wendet er sein geistiges 
Auge auf eine höhere, bessere Welt. Sehr wahr sagt dornet 1 : „Alle 
Menschen sehnen sich nach den Göttern." 
* Odhss. 3, 48.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.