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Der Bernstein wird in bedeutenden Massen an der Ostseeküste durch Fischen und
Graben gewonnen, namentlich an der westlichen Küste Samlands, die deshalb auch
den Kamen Bernsteinküste erhalten hat; der Bernstein bildet hier einen ansehnlichen
Handelsartikel.
Die Ostsee ist von bedeutendem Einfluss auf das Klima in der Provinz Ost-
preussen, einerseits tragt sie für Milderung desselben, namentlich im Herbst und
"Winter bei, andererseits ist sie die Ursache der für die Vegetation oft so verderblichen
Rückfälle der Kälte im Frühling. Das Klima ist ziemlich rauh und kalt, und muss
die "Wintersaat schon im August und September bestellt sein. Im Regierungsbezirk
Königsberg herrscht überhaupt nur eine Vegetationszeit von 5, im Regierungsbezirk
Gumbinnen von 4'/ 2 .Monaten. Trotzdem steht die Landwirtschaft in der Provinz
Ostpreussen auf einer hohen Stufe. Die Hauptfrucht für den guten Boden bleibt
der Weizen, welcher per Bahn, aber auch zur See ausgeführt wird. Der Kartoffel
bau wird in ausgedehntem Maasse betrieben, weshalb auch bedeutende Brennereien
vorhanden sind. Auch verschiedene Stärkefabriken sind entstanden. Ausserdem
werden noch Roggen, Gerste, Hafer und Erbsen mit Erfolg angebaut. Die letztere
Frucht gedeiht auf dem schweren Boden ebenfalls sehr gut. Die grauen Erbsen,
nur auf schwerem Boden zu Hause, werden häufig angebaut, ebenso Raps und
Rüben mit Erfolg. Das Ermeland betreibt überdem einen nicht unbedeutenden
Flachsbau. Klee wird viel angebaut und geräth vorzüglich; für Luzerne dagegen
ist der Boden nur in einigen Gegenden günstig.
Die Provinz Ostpreussen betreibt eine bedeutende Viehzucht, namentlich ist
sie durch ihre Pferdezucht berühmt; dieselbe wird durch 1 Hauptgestüt und 3 Land
gestüte befördert, ersteres zu Trakelmen, zugleich das bedeutendste Hauptgestüt im
Staate, zu ihm gehören 13 Vorwerke und 3950 ha nutzbare Fläche. Die Land
gestüte sind folgende: Das littauische Landgestüt mit den Marst’ällen in Trakelmen,
Georgenberg bei Insterburg und in Gudwallen im Kreise Darkehmen. Im Regierungs
bezirk Gumbinnen sinken nur die Kreise Sensburg und Johannisburg unter das
Mittel des Staates; im Regierungsbezirk Königsberg zeichnet sich der Distrikt
zwischen dem Frischen Haff, dem Pregel und dem polnischen Oberlanäe vorzüglich
aus. Die wenigsten Pferde giebt es in Ostpreussen längs der südlichen Grenze.
Ueber 700 Pferde auf 1 Quadratmeile besitzen die Kreise Braunsberg, Heilsberg,
Land-Königsberg, Rössel und Pr.-Holland (über 800) im Regierungsbezirk Königs
berg; Darkehmen, Gumbinnen, Niederung, Tilsit und Stallupönen (über 800) im
Regierungsbezirk Gumbinnen.
Der Rindviehstand steht weit unter dem Mittel. Ueber dasselbe hinaus gehen
im Regierungsbezirk Gumbinnen die Kreise Niederung und Tilsit im Norden, ferner
Stallupönen und Gumbinnen in der Mitte; Im Regierungsbezirk Königsberg haben
die Kreise, in denen die Pferdezucht blüht, auch die meisten Rinder, wiewohl nur
Land-Königsberg und Heilsberg das staatliche Mittel überschreiten. Den schwächsten
Rindviehstand findet man längs der südlichen Grenze und am Kurisclien Haffe.
Die Zahl der Kühe erreicht in Ostpreussen nicht die Hälfte sämmtlicher Rinder,
ein sehr ungünstiges Verhältnis?, dagegen giebt es mehr Ochsen und vorzüglich
auf der Höhe, woselbst sie vielfach hei der Landbestellung gebraucht werden. —
Die Zahl der Schafe steht ebenfalls unter dem Mittel. Im Regierungsbezirk Königs
berg treiben die ansehnlichste Schafzucht die Kreise zwischen dem Ermeland und
den Pregelkreisen (Friedland und Rastenburg über 6000 auf 1 Quadratmeile), sowie
das deutsche Oberland; wenig bedeutend ist sie dagegen in den nassen Kreisen
am Kurisehen Haffe und in Breunsberg. Im Regierungsbezirk Gumbinnen erhebt