1. Kapitel. Hugo GrytiuS.
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Dritter Abschnitt.
Besondere Ausbildung des Naturrechts in den ein-
z einen Systemen.
Erstes Kapitel.
Hugo G r o t i u s.
Princip des Rechts. — Begränzung des RechtsgebietS. — Der Vertrag als Inbegriff des
Naturrcchts. — Allgemein ethische Bedeutung des Staats, daraus öffentliches
Subjekt der Gewalt und öffentlicher Zweck. — Jdentificirung von Volk und Staat.
— Privatrechtlichcr Charakter des Staatsvertrags. -- Beurtheilung.
Hugo Grotius ist der Urheber des Systems der Rechts
philosophie, das man mit dem Namen „Naturrecht" bezeichnet
und das weit über ein Jahrhundert allein Geltung und Pflege
hatte, ja für das allein mögliche gehalten ward; denn das,
was man während dieser Periode als verschiedene Systeme zu
unterscheiden pflegt (socialistisches System, System der Furcht,
des äußern Friedens u. s. w.), ist bloß die besondere Art der
Durchführung des einen Systems.
Sein Werk über das Recht des Kriegs und Friedens*), in
welchem dasselbe niedergelegt ist, hat zur nächsten und eigentlichen
Aufgabe das Bölkerrecht. Für dieses waren die alten Grund
lagen — Lehnrecht, ritterliche Kampfsitte, kirchliche Ordnungen
und Temperamente — gewichen, und mußten neue gelegt, ja
mußte vorerst der Nachweis gegeben werden, daß auch für die
Verhältnisse unter souveränen Staaten und insbesondere den
Krieg nicht bloß Vortheil und Gewalt gelte, sondern das Recht.
Aber Normen unter souveränen Staaten, für die keine Ober
gewalt besteht, Gesetze zu geben und zu vollstrecken, setzen den
') Hugo Grotius de jure belli et pacis, 1625,