Full text: Geschichte der Rechtsphilosophie (1)

2. Kapitel. Die Naturrechtslehrer von Grotius bis auf Kant. 175 
ist der Mensch von Natur gesellig. Nach Grotius umgekehrt 
hat der Mensch ein geselliges Bedürfniß, und deßhalb ist der 
Staat ein Zweck der Natur. Deßhalb kommt Aristoteles zu 
einer (objektiven) Lehre, wie der Staat seiner Natur nach 
beschaffen seyn müsse, Grotius zu einer (subjektiven) Lehre, wie 
er beschaffen seyn müsse, um der Natur des (einzelnen) 
Menschen zu genügen. 
Es ist io mit Grotius ein Princip ins Leben getreten, das 
in seiner Weiterbildung zur Lehre Kant's und Rousseau's, 
zuletzt zur französischen Revolution mit Nothwendigkeit führte. 
Die Lehre des Grotius, daß die Unterthanpflicht ihren Grund 
in deren stillschweigendem Vertrage habe, ist bei ihm selbst 
ganz unscheinbar und unverfänglich. Sie brauchte aber nur in 
ihrem ganzen Inhalt und ihren Folgerungen entwickelt zu wer 
den, so war sie das, was ein Jahrhundert später die Ordnung 
Europa's umstürzte. So ist eine Schneeflocke, die sich am 
Bergesgipfel löst, unscheinbar; aber sie wälzt sich fort und 
fällt dann als zerschmetternde Lawine in die Tiefe. 
Zweites Kapitel. 
Die Naturrechtslehrer von Grotius bis auf Kant. 
HobbeS. — Pufendorf. — ThomafiuS (Gundling). — Wolf, (DarieS, Hopfner). — Wider- 
sacher des Naturrechts (SeldenuS, CorcejuS, „dubia Juris naturalis”). 
Der Lehre des Grotius stellte Hobbes*) eine andere ge 
genüber, auf demselben Standpunkt, aber von entgegengesetzter 
Grundaunahme. Die menschliche Natur sey nicht Verlangen 
nach Gemeinschaft (gemeinsamer Befriedigung), sondern Selbst 
sucht. Man suche die Gemeinschaft nicht um der Genossen, 
‘) Hobbes de cive 1642. (Leviathan 1651.)
	        
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