Full text: Geschichte der Rechtsphilosophie (1)

III. Abschn. Die Ansicht über die Entstehung des Rechts. 367 
da durch die Vorurtheile ihrer Zeit befangen waren; aber das 
betrifft nur Einzelnes und ist eben ihre Schwäche. Im Ganzen 
habe die Gesinnung, welche sie umgab, für welche sie ihre 
Gesetze machten, bloß als Stoff auf sie eingewirkt, sie mußten 
auf die herrschende Vorstellungsweise Rücksicht nehmen, sonst 
konnten sie ihre Zwecke nicht erreichen; keineswegs sey ihr 
eignes Urbild, ihr Urtheilen und Wollen dadurch bestimmt. 
Die Art zu denken und Absichten zu haben, welche ihre Gesetz 
gebung eigentlich in Thätigkeit setzt, wird unabhängig von ihrer 
Zeit unserer jetzigen ähnlich gedacht. Sie sind außer der Na 
tion gestellt und bewegen sie von dieser Stelle aus; nur die 
Hebel müssen sie an ihr selbst befestigen. So läßt Macchiavelli 
die Römer, die Führer des Senats und des Volkes, frei vom 
römischen Charakter in der Art reflektiren, wie sie als kluge 
Männer, als Ebenbilder seiner selbst auch in seinem Staate 
hätten reflektiren können. So hätte Moses Opfer, Priester 
stand, Blutrache unmöglich für das Anzustrebende halten können, 
für das, was um sein selbst willen bestehen soll. Er zollte 
diese Einrichtung, die er selbst wohl für unvernünftig erkannte, 
bloß der Meinung seiner Nation, weil er allein auf diesem 
Wege seine anderweitigen großen Zwecke erreichen konnte. 
Daß Speisen unrein seyen, daß ein Feierjahr göttliche Ver 
ehrung enthalten könne, war nie sein eigner Glaube, sondern 
er verordnete dieß alles nur deßhalb als religiöses Gebot, um 
dadurch desto sicherer Gesundheit, Fruchtbarkeit, was man auch 
jetzt noch für passende Bestrebungen eines weisen Mannes hält, 
zu erreichen. Lykurg hielt nicht die Hingebung an den Staat, 
die Entäußerung jedes einzelnen Rechtes und Besitzes für das 
an sich Rechte und Nothwendige; er gebrauchte solches nur, 
um das immer noch anerkannte Ziel der Staaten, die militä 
rische Stärke, seinen Spartanern zu verschaffen. Luther selbst
	        
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