Full text: Aufsätze, Reden und Briefe

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Artikel erschienen, der verschiedene Gespräche des Kaisers 
mit verschiedenen Engländern wiedergegeben hat. Der Kaiser 
beklagte sich darüber, daß seine guten Absichten nicht ge 
würdigt wurden. Er sei der beste Freund Englands, aber er 
stehe damit allein da, denn die unteren und mittleren Schichten 
des deutschen Volkes seien englandfeindlich gesinnt. Da 
muß man doch fragen: lebt denn der Kaiser auf einer einsamen 
Insel, daß er die Stimmung des deutschen Volkes so wenig 
kennt? Weiß er nicht, daß die englischen und deutschen Arbeiter 
wiederholt Versicherungen gegenseitigen Vertrauens und der 
wärmsten Friedensliebe ausgetauscht haben? Weiß er nicht, 
daß wir erst vor kurzem bei unserer internationalen Zusammen 
kunft in Stuttgart vor aller Welt verkündet haben, daß die 
englischen und die deutschen Arbeiter keinen Krieg wollen, 
daß sie nur einen Feind kennen: Die Ausbeutung und Unter 
drückung diesseits und jenseits des Kanals? Hat der Kaiser nie 
etwas davon gehört? Wo sind die verlogenen Hofschranzen, 
die ihm dieses Zerrbild des deutschen Volkes gezeichnet 
haben? Weder der Arbeiter, noch der Bürger will einen Krieg, 
alle wollen den Frieden! Der deutsche Kaiser aber sagt dem 
Vertreter eines fremden Volkes, daß er mit seiner Friedens- 
liebe allein stehe, und daß sein Volk ihm nicht nach dieser 
Richtung folge! — Es kam aber noch viel schlimmer. Zum 
Beweise dafür, daß er ein Freund der Engländer sei, wies er 
auf sein Verhalten im Burenkrieg hin. Wenn der Kaiser je 
manden gefragt hätte, man hätte ihm sicher den Rat gegeben, 
nicht an die Burenangelegenheit zu rühren. Der Kaiser hat 
vergessen, daß er es war, der in dem alten Ohm Krüger die 
Hoffnung erweckte, das mächtige Deutsche Reich stehe ihm 
mit seiner mächtigen deutschen Heeresmacht zur Seite, wenn 
das Burenvolk von den Engländern angegriffen werde. Statt 
dessen rühmte sich der Kaiser später, dafür gesorgt zu haben, 
daß die Deputation der Buren bei ihm nicht empfangen 
wurde, und in Deutschland nicht den gleichen Triumphzug 
wie in Frankreich, Holland usw. antreten konnte. Er rühmte 
sich, daß er an seine besorgte Großmutter, die ihm einen 
bekümmerten Brief geschrieben hatte, ein Trostschreiben ge 
richtet habe; er habe sich aber damit nicht begnügt, sondern 
er habe gleichzeitig sein Feldherrntalent in den Dienst der 
englischen Nation gestellt und mit dem Generalstabe einen 
Feldzugsplan ausgearbeitet, ihn nach England geschickt, und 
der Plan Lord Roberts habe in allen Punkten übereingestimmt
	        
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