137
Ich begreife sehr wohl, daß es dem Herrn Abgeordneten
Gans Edler v. Putlitz unangenehm ist, wenn die brandenbur-
gisch-preußische Geschichte hier im Hause verhandelt wird.
Denn die Beziehungen des edlen Geschlechts der Ganse
v. Putlitz zum Hause Hohenzollern waren nicht immer so
freundlich wie heute. In den Zeiten der Quitzows, in den
Zeiten, in denen die Hohenzollern nach Brandenburg ge
kommen sind, bestand die Neigung, den jungen Herrn Joachim
aufzuhängen. Ich erinnere an den Spruch: „Jochimken,
Jochimken hüte di, fangen wi di, so hangen wi di.“ Malen
Sie sich doch einmal aus: wenn die Geschichtsauffassung, die
Sie vertreten, die richtige wäre, wenn die Absicht Ihrer
Vorfahren zur Tat geworden wäre, wenn der Herr Joachim
wirklich aufgehängt worden wäre, dann hätten wir nicht bloß
die ganze brandenburg-preußische Geschichte und das Deut
sche Reich, wir hätten — schrecklich zu denken! — auch die
ganze Siegesallee nicht bekommen.
Meine sehr verehrten Herren, ich glaube, daß die Herren
Konservativen, die drüben im „Rheingold“ getagt haben, sich
für ihre Schutzaktionen für die preußische Monarchie andere
und geschicktere Triarier als den Herrn Gans Edler v. Putlitz
suchen sollten. Daß es überhaupt notwendig geworden ist,
immer und immer wieder hier im Deutschen Reichstage Er
läuterungen zum Gange der preußischen Geschichte zu geben,
Dinge vorzutragen, die man besser in Geschichtswerken nach
liest, daran sind meine Parteifreunde nicht schuld, sondern ist
lediglich schuld die offizielle Geschichtsfälschung, die in
unsern Schulen getrieben wird. Es wäre besser gewesen,
wenn der Herr Abgeordnete Gans Edler von und zu Putlitz,
statt zu schimpfen, sich daran gemacht hätte, einzelne kon
krete Behauptungen meines Freundes Scheidemann zu wider
legen. Wir wären ihm dankbar dafür gewesen. Als der Herr
Abg. v. Putlitz mit so starkem Aufwand an Temperament und
Stimme diese Saite berührt hat, da ist es mir kalt den Rücken
heruntergegangen; ich habe mich gefragt: was wollen die
Junker zurzeit? Denn die Erfahrung hat gezeigt: so oft sie
die ganze Blechmusik ihres Hurra- und Schnapspatriotismus
spielen lassen, so oft haben sie ein Attentat vor auf die
Tasche des deutschen Staatsbürgers. Der Herr Abg. v. Putlitz
hat sich dann in seinem Eifer auch dadurch zu helfen ge
sucht, daß er die deutsche Wählerschaft graulich zu machen
suchte vor dem Zukunftsstaat der Sozialdemokraten. Wir