Full text: Aufsätze, Reden und Briefe

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Ich begreife sehr wohl, daß es dem Herrn Abgeordneten 
Gans Edler v. Putlitz unangenehm ist, wenn die brandenbur- 
gisch-preußische Geschichte hier im Hause verhandelt wird. 
Denn die Beziehungen des edlen Geschlechts der Ganse 
v. Putlitz zum Hause Hohenzollern waren nicht immer so 
freundlich wie heute. In den Zeiten der Quitzows, in den 
Zeiten, in denen die Hohenzollern nach Brandenburg ge 
kommen sind, bestand die Neigung, den jungen Herrn Joachim 
aufzuhängen. Ich erinnere an den Spruch: „Jochimken, 
Jochimken hüte di, fangen wi di, so hangen wi di.“ Malen 
Sie sich doch einmal aus: wenn die Geschichtsauffassung, die 
Sie vertreten, die richtige wäre, wenn die Absicht Ihrer 
Vorfahren zur Tat geworden wäre, wenn der Herr Joachim 
wirklich aufgehängt worden wäre, dann hätten wir nicht bloß 
die ganze brandenburg-preußische Geschichte und das Deut 
sche Reich, wir hätten — schrecklich zu denken! — auch die 
ganze Siegesallee nicht bekommen. 
Meine sehr verehrten Herren, ich glaube, daß die Herren 
Konservativen, die drüben im „Rheingold“ getagt haben, sich 
für ihre Schutzaktionen für die preußische Monarchie andere 
und geschicktere Triarier als den Herrn Gans Edler v. Putlitz 
suchen sollten. Daß es überhaupt notwendig geworden ist, 
immer und immer wieder hier im Deutschen Reichstage Er 
läuterungen zum Gange der preußischen Geschichte zu geben, 
Dinge vorzutragen, die man besser in Geschichtswerken nach 
liest, daran sind meine Parteifreunde nicht schuld, sondern ist 
lediglich schuld die offizielle Geschichtsfälschung, die in 
unsern Schulen getrieben wird. Es wäre besser gewesen, 
wenn der Herr Abgeordnete Gans Edler von und zu Putlitz, 
statt zu schimpfen, sich daran gemacht hätte, einzelne kon 
krete Behauptungen meines Freundes Scheidemann zu wider 
legen. Wir wären ihm dankbar dafür gewesen. Als der Herr 
Abg. v. Putlitz mit so starkem Aufwand an Temperament und 
Stimme diese Saite berührt hat, da ist es mir kalt den Rücken 
heruntergegangen; ich habe mich gefragt: was wollen die 
Junker zurzeit? Denn die Erfahrung hat gezeigt: so oft sie 
die ganze Blechmusik ihres Hurra- und Schnapspatriotismus 
spielen lassen, so oft haben sie ein Attentat vor auf die 
Tasche des deutschen Staatsbürgers. Der Herr Abg. v. Putlitz 
hat sich dann in seinem Eifer auch dadurch zu helfen ge 
sucht, daß er die deutsche Wählerschaft graulich zu machen 
suchte vor dem Zukunftsstaat der Sozialdemokraten. Wir
	        
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