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fall in Frankfurt, den auch wir bedauern, wird festgestellt
werden — und wir wären in der Lage, es heute urkundlich
festzustellen —, daß nicht die Arbeiter, sondern daß die un
geschickte provokatorische Polizei die Opfer verschuldet hat.
Die Arbeiterschaft in Berlin, in Halle, in Frankfurt, in
ganz Preußen hat in würdiger, ruhiger, eindrucksvoller Weise
ihren Willen bekundet. Seit Jahrzehnten nicht mehr haben
Sie in Rreußen ein ähnliches Schauspiel gesehen: Hundert
tausende von Menschen, beseelt von einer Idee, erfüllt und
getrieben von einem großen historischen Willen. Der Herr
Reichskanzler hat wiederholt seiner Sehnsucht nach dem
deutschen Idealismus Ausdruck gegeben. Herr Reichskanzler,
den Idealismus finden Sie nicht bei den Oberlehrern, er steckt
in den begeisterten Massen, die ihn bekundet haben, und wenn
Opfer dabei fallen, wir bedauern sie, wir wünschen sie nicht,
wir wollen, daß die Demonstrationen durchaus friedlich ver
laufen. Aber das mögen Sie sich gesagt sein lassen: durch
Opfer, die es kostet, wird sich die Arbeiterschaft vom Wahl
rechtskampf nicht abschrecken lassen. Die Arbeiter sind ge
wöhnt, Opfer zu bringen. Jedes Jahr fallen Zehntausende von
Arbeitern, die ihre Gesundheit und ihr Leben auf dem
Schlachtfelde der Arbeit verlieren in kleinlichen Diensten des
Rrivatkapitals, für kleine Privat- und Profitinteressen. Hier
fallen die Opfer, fließt das Blut, wenn auch von uns nicht ge
wollt, hier fließt und floß das Blut für die große Idee des
Befreiungskampfes der Arbeiterschaft. Der Wahlrechtskampf
hat erst begonnen, er wird weiter geführt. Der Reichskanzler
wird gehen, die Wahlrechtsbewegung wird bleiben.
An Leonie Meyerhof-Hildeck
Liebe Freundin! Mannheim, 21. Juii 1910
Ich habe gute Wünsche für die nächsten Kampfmonate:
nötig; es ist eine schwere Zeit für mich; aber ich bin nicht
niedergeschlagen, weil ich ein blankes politisches Gewissen
habe und weil man dem Gott in sich mehr folgen muß als
den Beschlüssen eines Parteitags. Ich will Ihnen nur ge
stehen, daß ich in der Nacht vor der Entscheidung*) lange
mit mir gekämpft habe, nach welcher Seite ich das Schifflein
*) Die Annahme des badischen Budgets.