Full text: Aufsätze, Reden und Briefe

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Iand ein Minister es wagen, gegen die deutschen National 
demagogen einen derartigen Angriff zu richten? 
Ich muß gestehen, daß ich in den letzten Tagen in dieser 
Richtung angenehm enttäuscht worden bin. Als ehrlicher 
Gegner muß ich dem Herrn Reichskanzler zugestehen, daß 
die Rede, in der er den Konservativen die patriotische Maske 
weggerissen hat, eine mutige und verdienstvolle Tat von 
bleibendem Wert gewesen ist. Wenn künftig wieder versucht 
werden wird, unter der schwarz-weiß-roten Flagge der 
„wahren Patrioten“ die Ware von konservativen Mandaten 
zu retten, dann werden wir auf das Wort des Reichskanzlers 
zurückgreifen, und ich zweifle nicht, daß der Reichsverband 
gegen die Sozialdemokratie, der ja die letzte große Rede 
des Kanzlers über die Teuerung in Massen verbreitet, nun 
auch diese Rede dem Volk zugänglich machen wird. 
Der konservative Wahlpatriotismus ist diese Woche tot 
geschlagen worden; jetzt fehlt noch der Angriff auf eine 
andere, ebenso gefährliche Sorte von Patriotismus, und das 
ist der Mannesmann-Patriotismus, der versucht hat und 
noch versucht, dort, wo es sich um private geschäftliche 
Interessen handelt, angebliche nationale Interessen oder gar 
die nationale Ehre in den Vordergrund zu schieben. 
Meine Herren, die Konservativen haben mit den deut 
schen Kanzlern ein sich stets steigerndes Pech: die deut 
schen Kanzler werden seit Bismarcks Zeiten immer coura 
gierter. Sein erster Nachfolger, der Graf Caprivi, hat noch 
geschwiegen, obwohl er vielleicht manches zu sagen gewußt 
hätte; der folgende, Hohenlohe, hat sich öffentlich noch nicht 
zu reden getraut, aber er hat in seiner Wut heimlich dann in 
sein Tagebuch geschrieben: „Die Junker pfeifen auf das 
Reich.“ Der vierte Kanzler, Fürst Bülow, hat zwar während 
seiner Amtszeit auch nicht deutlich gesprochen; aber als 
Abschiedsgruß hat er Ihnen (nach rechts) zugerufen: „Die 
Konservativen haben ein frivoles Spiel mit den Interessen der 
Monarchie und des Reiches getrieben“, und der fünfte 
Kanzler, der jetzt noch im Amt ist und, wie es den Anschein 
hat, im Amt bleiben will, hat Ihnen vorgeworfen, daß Sie 
die Interessen des Reichs bewußt schädigen, um Ihren Partei 
zwecken zu dienen. Ich weiß nicht, ob es dieser Kanzler oder 
ein Nachfolger sein wird, der nun die weitere, die letzte 
Steigerung bringen wird, der von Worten zu Taten übergeht, 
der das Junkertum, das reichsschädigend ist, dort angreift,
	        
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