39
Jugend wurde gezügelt durch den Ernst der Alten. Es war
erst ein Anfang. Aber wer kann den Arbeitern widerstehen*
wenn sie einen Willen haben?
Die Zukunft der Jugendorganisationen
„Neue Zeit“, 17. Mai 1908
Das Reichsvereinsgesetz hat nicht die versprochene Be
wegungsfreiheit gebracht, sondern großpreußische Knech
tung, nicht Einheit, sondern Uniform. Die schlimmste Be
stimmung richtet ihre Spitze gegen die arbeitende Jugend.
Vom 15. Mai 1908 ab werden Personen unter 18 Jahren nicht
mehr das Recht haben, Mitglieder politischer Vereine zu sein
und an öffentlichen politischen Versammlungen teilzunehmen.
Die Jugendorganisationen müssen den gegen sie geführten
Schlag parieren. Fest steht, daß sie nicht zurückweichen
dürfen. Die Ziele bleiben unverändert, auch wenn neue
Wege eingeschlagen werden müssen.
Die Versuchung läge nahe, trotz des Gesetzes die jungen
Menschen, wie bisher, vom 14. Lebensjahre an in die Ver
eine aufzunehmen. Die Kontrolle wäre nicht leicht. Mit
gliederlisten sind nicht einzureichen, und die Polizei müßte
mühsam auskundschaften, ob irgendwo ein Lehrling einer
für ihn verbotenen Versammlung beigewohnt habe. Allein
es ist zu bedenken, daß das „liberale“ Gesetz nicht bloß die
Vorstände, die eine Person unter 18 Jahren in einem Verein
dulden, sondern auch die jungen Leute selber mit Strafe be
droht. Es wäre schwer zu verantworten, wenn wir die Ar
beiter in den Jahren, in denen sie etwas lernen sollen, einem
aufreibenden Kleinkrieg mit den Strafbehörden aussetzen
wollten. In den vordersten Schlachtreihen, gegenüber dem
Feinde, sollen nicht Kinder, sondern Erwachsene stehen
Den geistigen Mittelpunkt der Jugendagitation aber muß
eine Jugendzeitschrift großen Stils bilden, deren Gründung
nicht länger verschoben werden darf. Das wird die wirk
samste Antwort sein, die den Feinden der Arbeiterjugend auf
ihre Herausforderung erteilt werden kann. Die dringende
Notwendigkeit eines solchen Organs braucht nicht mehr er
wiesen zu werden. Das Jugendblatt unserer kleinen schwedi
schen Bruderpartei erscheint in einer Auflage von 55 000
Stück. Auch die deutschen Arbeiter werden einen solchen
Wegweiser für ihre Söhne und Töchter errichten. Es geht