Einführung
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feßen einen filtiven Gegner voraus, Man kann fih diefen Kampf
ganz plaftifh vborftellen, Der Traditionalijt wirft ein Problem auf.
Sein fi felbft überlaffenes Denken drängt automatifjhH auf die
rationaliftijdhe Löfung hin, fo daß er fiH am Ende feiner Gedanken»
fette einem Refultat gegenüber fieht, daß feinem Lebensgefühl diame-
tral entgegengefebt ift. Nun aber fucht der Denker innerhalb diefer
unterbeivußten Beweisführung Anjagpunkte, von denen aus er die
Deduktion zu dem von ihm gewünfhten Ziele abbiegen kann. Seine
intelleftuelle Arbeit befteht alfo in einem beftändigen Ankämpfen
gegen das Hineingeratent feiner SGedankenführung in die rationa-
lijtijdhen Bahnen. Stellt der Iraditionalijt die Frage nach) dem
Wefjfen der Nation, fo muß der naive Lejer notwendig zu der im
Sinne de Maijtres banalen Löfung „SGefamtheit aller Bürger“
fommen. Die Antwort des Traditionaliften Iautet hingegen: „Der
König und die Ariftokratie”. Die Kunft des traditionaliftijcdhen
Denkens hefteht nun darin, die dem Arfenal des Gegners entnom-
mene Problemitellung mit dem durch fein Lebensgefühl gegebenen
Kefultat durch eine Logijhe Kette zu verknüpfen. Die Diskrepanz
zwijchen dem erwarteten „aufgellärten“ Endergebnis, das im
Unterbewußtfein beftändig mitfhwingt, und der tatfächlih erfolgen-
den Antwort erzeugt eine ängftlidHe Spannung. Und der ariftokra-
tijdhe Lefer atmet hörbar auf, wenn er nun doch die Kaum noch er-
hoffte Löfung erhält, die feinem Lebensgefühl entfpricht. Die poli-
tijcdhe Theorie der TIraditionalijften i{ft eine „Metapolitit“ — um
einen Ausdruck der Ddeutfchen Philofophie zu gebrauchen, den
de Maiftre begeiftert aufgriff —, fie find Rationaliften irrationaler
unbhalte.
Daß ihnen diefe Synthefe oft nur unvollfommen gelingt, drüct
ibren Ausführungen häufig den Stempel des „Sophiftijhen“ auf.
8 wäre indeffen ein grober Frrium,. in diejen Männern Ydeens
jongleure von grundfäglicher Stepfis zu fehen. Im Gegenteil, ihre
Theorie it der genaue Ausdruck ihres Lebensgefühls, Parador {ft
nur. die Art, wie fie zu dem von vornherein fejtftehenden KRefjultat
gelangen. Sie übernehmen die überlieferte politifjcdhe. Terminologie
des Rationalismus, die für ihre Fnhalte zunächft ungeeignet ijt,
und feilen und biegen nun fo lange an ihr herum, bis fie den Ge-
danken hergibt, der ihrer Mentalität entfpricht. Sie wollen mit
Hilfe der fubjektiven Vernunft zu einem objektiven Seinsgrund ge»
langen, aus dem alle politijhHen und Kirchlidhen Inftitutionen in
gleicher Weije emanieren. Dadurch fallen fie in die Holaftifjche
Denkgemohnheit zurüc, Begriffe als eriftent anzujehen und vers
langen auch für die Fdee der Menfhheit eine fichtbare Verkörpe-
rung: das Bapittum.