Metadata: Betrachtungen über Frankreich

Einführung 
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feßen einen filtiven Gegner voraus, Man kann fih diefen Kampf 
ganz plaftifh vborftellen, Der Traditionalijt wirft ein Problem auf. 
Sein fi felbft überlaffenes Denken drängt automatifjhH auf die 
rationaliftijdhe Löfung hin, fo daß er fiH am Ende feiner Gedanken» 
fette einem Refultat gegenüber fieht, daß feinem Lebensgefühl diame- 
tral entgegengefebt ift. Nun aber fucht der Denker innerhalb diefer 
unterbeivußten Beweisführung Anjagpunkte, von denen aus er die 
Deduktion zu dem von ihm gewünfhten Ziele abbiegen kann. Seine 
intelleftuelle Arbeit befteht alfo in einem beftändigen Ankämpfen 
gegen das Hineingeratent feiner SGedankenführung in die rationa- 
lijtijdhen Bahnen. Stellt der Iraditionalijt die Frage nach) dem 
Wefjfen der Nation, fo muß der naive Lejer notwendig zu der im 
Sinne de Maijtres banalen Löfung „SGefamtheit aller Bürger“ 
fommen. Die Antwort des Traditionaliften Iautet hingegen: „Der 
König und die Ariftokratie”. Die Kunft des traditionaliftijcdhen 
Denkens hefteht nun darin, die dem Arfenal des Gegners entnom- 
mene Problemitellung mit dem durch fein Lebensgefühl gegebenen 
Kefultat durch eine Logijhe Kette zu verknüpfen. Die Diskrepanz 
zwijchen dem erwarteten „aufgellärten“ Endergebnis, das im 
Unterbewußtfein beftändig mitfhwingt, und der tatfächlih erfolgen- 
den Antwort erzeugt eine ängftlidHe Spannung. Und der ariftokra- 
tijdhe Lefer atmet hörbar auf, wenn er nun doch die Kaum noch er- 
hoffte Löfung erhält, die feinem Lebensgefühl entfpricht. Die poli- 
tijcdhe Theorie der TIraditionalijften i{ft eine „Metapolitit“ — um 
einen Ausdruck der Ddeutfchen Philofophie zu gebrauchen, den 
de Maiftre begeiftert aufgriff —, fie find Rationaliften irrationaler 
unbhalte. 
Daß ihnen diefe Synthefe oft nur unvollfommen gelingt, drüct 
ibren Ausführungen häufig den Stempel des „Sophiftijhen“ auf. 
8 wäre indeffen ein grober Frrium,. in diejen Männern Ydeens 
jongleure von grundfäglicher Stepfis zu fehen. Im Gegenteil, ihre 
Theorie it der genaue Ausdruck ihres Lebensgefühls, Parador {ft 
nur. die Art, wie fie zu dem von vornherein fejtftehenden KRefjultat 
gelangen. Sie übernehmen die überlieferte politifjcdhe. Terminologie 
des Rationalismus, die für ihre Fnhalte zunächft ungeeignet ijt, 
und feilen und biegen nun fo lange an ihr herum, bis fie den Ge- 
danken hergibt, der ihrer Mentalität entfpricht. Sie wollen mit 
Hilfe der fubjektiven Vernunft zu einem objektiven Seinsgrund ge» 
langen, aus dem alle politijhHen und Kirchlidhen Inftitutionen in 
gleicher Weije emanieren. Dadurch fallen fie in die Holaftifjche 
Denkgemohnheit zurüc, Begriffe als eriftent anzujehen und vers 
langen auch für die Fdee der Menfhheit eine fichtbare Verkörpe- 
rung: das Bapittum.
	        
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