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im Besitze der Wahrheit zu seyn, sie kann also, ohne der
selben untreu zu werden, nicht ein Haarbreit abweichen.—
Beyde wenigstens sollen schweigen. Aber ist dieses nicht
schon eine Untreue, und wird damit der Zweifel gehoben,
und das Herz des rechtschaffenen Christen beruhigt? Nein!
«lödann verschwindet nur der Zweifel, wann die Wahrheit
in so ein helles Licht ist gefetzt worden, daß sie von keiner
Parthey unsträflicher Weife kann verkannt werden. Und
wer wird diese Wirkung einem gütlichen Vertrage zumu-
«hen? Laßt uns also auf etwas anders denken.
Das erste was uns einfallt, und was uns einfallen
«ruß, weil man uns damit stets in den Ohren liegt, ist
-die Bibel. Dieses göttliche Buch allein soll zureichen, all n
Srrcithandeln ein Ende zu machen. Gäbe es der Him
mel! aber wie, wenn uns die stete Erfahrung, seit sicben-
zehn Jahrhunderten das Gegentheil lehrt?
Hundert und hundert, ja wohl tausend Glaubenözwei-
fel sind durch diesen Zeitraum entstanden; welchen hat die
Schrift für sich allein gehoben? Saget c6, ihr eifrigen An
hänger mannichfalriger Religionöpartheyen! habt ihr euch
bis jetzt, auch nur über einen einzigen Streitpunkt, mit
Beyhülfe der Bibel unter euch verglichen? Ihr hegt ver
schiedene Meynungen über die ehrwürdigste Person des Er
lösers und desselben Gegenwart in dem heiligen Abendmahlc,
über die Taufe, über die Zahl und das Wesen der Sakra
mente, über die Freyheit des ^nenfchlichen Willens, über
die vorher bestimmten göttlichen Rathschlüsse. Ihr
beruft euch deßwegen alle aus die Schrift, als auf die ein
zige Schiedörichtcrin; ihr zieht verschiedene Stellen heraus,
die ihr behauptet klar und deutlich zu seyn, und ihr könnt
dennoch nicht eins werden. Eure Handel sind noch immer
beym Anfange, und vom Ende so weit entfernt, als die
Zeit von der Ewigkeit, ausgenommen, ihr wollt t—- wie
es unter euch beginnt Mode zu werden — weder das eine
noch das andere glauben, und die nothwendigsten Religions
wahrheiten in die Classe der gleichgültigen und eiteln Mn-
schenmeynungen herabsetzen. Alödann wird freylich der
Str?it augenblicklich geendigt, aber nicht vermöge eine- bi-
Hirschen Ausspruche geendigt werden.