Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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bachtung des Naturgesetzes zu ihrem Heile gleichgültig, und 
Gorc unbarmherzig, ungerecht, weil er die Sachen also 
theils angeordnet, theils zugelassen hat? Das Gleichniß 
klärt nicht nur den Zweifel auf, es entdeckt auch die Quelle, 
woraus die obenerwähnte Unwissenheit entspringt. Bey 
einer mehr viehischen, als menschlichen Lebensart, isi's kein 
Wunder, daß man zur Kenntniß der göttlichen Religion 
nicht gelangt. Wer sich vorschlich die Augen ausbohrt, 
wird freylich die Sonne nimmer ansehen, nur auf den 
Schöpfer werfe er die Schuld nicht. 
Gott versagt seinen Beystand nicht, woferne man von 
seiner Seite alles thut, was man vermag. Ein bewahr 
ter Grundsatz der Theologen, welchen noch dazu der ächte 
Begriff von der unendlichen Güte befestigt. 
So antworte ich, wenn mir eine schlechterdings »tu 
willkührliche, und durchaus unsträfliche Unwissenheit des 
ü Christenthums vorgeworfen wird. Dergleichen Unwissende 
mögen sich mit der grenzenlosen Güte des höchsten Erbar- 
Mer6 trösten, wenn sie nur von ihrer Seite nichts unterlas 
sen. Sind sie sonst fromm und gotteSfürchtig, wic'S der 
römische Hauptmann Kornelius zu C a sa r e a war *), 
so wird auch ein Engel kommen, und ihnen irgend einen 
Apostel zuführen. 
Dieses ist meines Erachtens, die kürzeste und auch die 
klarste Weife, den gegenwärtigen Knoten atifzulösen. Die 
Unwissenheit des Christenthums lst entweder einigermaßen 
— in sich, oder in ihrer Ursache — willkührlich, oder 
nicht. Im ersten Falle hat sich der Mensch den Abgang 
beS nothwendigsten Heilömittel selbst zuzuschreiben, im zwey 
ten wird die weiseste Vorsehung solche Veranstaltungen 
treffen, daß er endlich zur Kenntniß desselben komme, und 
in beyden Fällen ist die unermeßliche Güte des erbarmungs- 
vollrn Messias gerechtfertigt. Oder sagen wir, der All 
mächtige fängt selbst, durch die freywillige Mittheilung ge 
wisser innerlichen Gnaden, in einen jeden wie immer bar 
barischen Menschen, das große Werk des Heils an. Be 
tz 
*) Apost. G«sch> io. i «.
	        
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