Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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das Gleichgewicht auf, und das Herz — eS wolle, oder 
wolle nicht — empfindet den Stoß, welcher es ui Be 
wegung setzt. Nun aber, was interessier uns mehr, als 
die Religion, wovon das ewige Wohlseyn unsers kostbar 
sten Theils, der unsterblichen Seele abhängt? Und ist 
dieses vielleicht eine Wirkung einer jeden, wie immer be 
schaffenen Religion? 0! irren wir nicht. So wenig kann'S 
die falsche bewirken, so wenig aus den sich widersprechen 
den, mehr als eine wahre seyn können. Daraus folgt der 
Schlnß: Wir muffen entweder alle Religionen für wahr, 
oder alle für fa sch halten, wenn wir gegen alle wollen 
gleichgültig seyn. Beydeö fallt uns eben so unmöglich, als 
den hellen Tag unter die finstern Nachte zu zahlen. 
Kann sich diese Gleichgültigkeit in das Herz nicht ein 
dringen, wie soll sie sich hernach in den Worten und Hand 
lungen zeigen? Wird man uns etwa auch die edelsten der 
gesellschaftlichsten Tugenden, die Aufrichtigkeit zum Laster 
anrechnen? Welche niederträchtige und hassenwürdige Heuche- 
ley, in der wichtigsten Sache wider sein Gefühl zu reden, 
und zu handeln. Es sollte uns leid seyn, woferne wir 
einer so gottlosen Verstellung, nur fähig gehalten würden. 
Nein.' wir werden nie anders reden, als denken, nie an 
ders handeln, als fühlen, und folglich werden wir nie eine 
kaltsinnige Gleichgültigkeit gegen alle Religionen öffentlich 
bezeigen, noch die groben Lästerungen, womit diese vor 
geblichen Philosophen, auf unsre heilige Religion schmähen, 
unempfindlich anhören. 
Allein Anscheine nach ist dieses einer aus den Haupt 
zwecken, worauf ihr unermüdeteö Bestreben abziehlt, eine 
allgemeine Toleranz einzuführen. Sie möchten uns tole 
rant machen, um hernach unter dem Schutze unsrer Duld 
samkeit, die giftigsten Spörtereyen wider daö Christenthum, 
ungehindert ausschütten zu können. Sie sollten die unge 
bundene Freyheit zu beschimpfen, wir aber die Gefälligkeit 
haben die Beschimpfungen mit kalten Blute anzuhören. 
Wessen sich die Herren anmaßen! Aber sie müssen'ö uns 
vergeben, wenn auch dießfalls ihre Anmaßung leer aus 
geht. Die Hochschatzung, die Ehrerbietigkeit, die Liebe,
	        
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