Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

■ 
66 
allgemeine Beweisgründe für die Sichtbarkeit der christlichen ! 
Kirche vorhergegangen sind. Allein die Wiederhohlun,en 
sind ekelhast, und dem Leser behagt es gemeiniglich mehr, 
einen Gegenstand zu finden, worüber er die Thätigkeit fei 
nes Geistes, mit weilerin Nachdenken beschäftigen kann. 
Doch auf eine nothwendige Folge müssen wir ihn auf 
merksam machen. Well die wahre Kirche Christi eine 
sichtbare Gesellschaft der Menschen ist, welche durch das 
Bekenntniß desselben Glauben, durch die Theilnehmung an 
denselben Geheimnissen, und durch die Unterwürfigkeit ge 
gen denselben Oberhirten, welcher in dem sittlichen Körvec 
die Stelle des Hauptes vertritt, unter einander verbunden 
sind, so schmeichelt man sich vergebens, außer dieser Ge 
sellschaft ein Glied der wahren Kirche zu seyn. 
„ Genug! — mit dem Gedanken tröst t sich mancher 
— daß ich in einer christlichen Gemeine, Gott nach mei 
nem Vermögen diene. Mehr wird nicht erfodert. Der > 
Erlöser kennt die Seinigen, wenn sie gleich in verschiedenen 
Gesellschaften zerstreut leben. Wer immer, und ln was 
immer für einer Sekte, an das Evangelium glaubt, und 
den Herrn Christus im Geiste und in der Wahrheit an 
betet, der kann sich rühmen ein Glied feiner Klrche zu seyn." 
Nein, liebster Freund! Der Trostgrund ist so falsch, 
als glanzend. Er mag vielleicht dazu dienen, die Gewiss ns- 
bisse auf eine Zeit zu ersticken, aber vor dem Richterstuhle 
der Wahrheit, besteht er keinen Augenblick. 
So viel verschiedene GlaubenSparthcyen, die unter ein 
ander keine Gemeinschaft haben, so viel sittliche Körper, 
worunter nur einer der mystische Leib Jesu Christi, so 
viel christliche Kirchen, worunter nur eine die wahre seyn , 
kann. Wie sollst du zu dieser, als ein Glied gehören, so 
lange du einer andern anhängst? Nein! zwey unterschie 
denen Körpern, kann ein und dasselbe Glied nicht zugleich 
eigen seyn. Ist überall dieselbe Taufe, so ist dennoch nicht 
überall dasselbe Glaubensbekenntniß, nicht überall dieselbe 
Unterwürfigkeit gegen die rechtmäßigen Obern, und folglich 
auch nicht jenes Band, vermittelst dessen, die kennbare
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.