Der Krüppel
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Mannes zu leben. Und wenn der Mann, wie ich,
ein Krüppel ist, so erleidet man, wenn man ihn
heiratet, einen Schmerz, der bis zum Tode anhält.
Alle Hingebung, alle Opfer kann ich wohl be
greifen und bewundern bis zu gewissen Grenzen.
Aber ich kann mich nicht erwärmen dafür, daß
eine Frau ihr ganzes Leben, von dem sie doch
Glück erhoffte, ausgiebt, alle Freuden, alle ihre
Träume, um für ihren Edelmut gelobt zu werden.
Wenn ich auf dem Fußboden meines Zimmers
meine Holzfüße klappern höre, und meine Krücken
diesen Lärm wie eine Mühle bei jedem Schritt ver
ursachen, bin ich so verzweifelt, daß ich meinen
Diener erwürgen könnte. Glauben Sie, daß man
von einer Frau wünschen könnte, daß sie das
leidet, was man selbst nicht ertragen kann. Und
dann glauben Sie, daß meine Beinstümpfe sehr
schön sind?
Er schwieg. Was sollte ich antworten? Ich
fand, er hatte recht. Konnte ich sie tadeln, ver
achten, ihr unrecht geben? Nein. Und doch ent
sprach diese Lösung nach Regel, Vernunft und
Wahrscheinlichkeit nicht meiner poetischen Phantasie.
Ich hätte ein großartiges Opfer gewünscht, das
fehlte mir, und ich war etwas enttäuscht.
Da fragte ich plötzlich:
— Hat Frau de Fleurel Kinder?