Ein Scheidungsgrund
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von dieser Welt ist, das meine Träume beflügelt.
Ach, wie mein Traum mir die Menschenwesen
anders zeigt, als sie sind. Sie ist blond, hell
blond, ihr Haar ist von unaussprechlicher Färbung.
Ihre Augen sind blau. Nur blaue Augen be
geistern meine Seele. Die ganze Frau, die ganze
Frau, wie sie vor meinem Herzen steht, sehe ich
im Blick der Augen, nur im Auge.
O ein Wunder, ein Wunder ist das Auge.
Das ganze Weltall spiegelt sich darin, weil es die
Welt sieht und sie zurückwirft. Es enthält die
ganze Erde, die Dinge, die Wesen, die Wälder, die
Ozeane, Menschen und Tiere, Sonnenuntergang
und Sternenglanz, Künste, alles, alles. Es sieht,
erfaßt und behält alles in sich. Und noch mehr
liegt in ihm: die Seele, Menschen die denken,
Menschen die lieben, Menschen die lachen, Menschen
die leiden. O, blickt in blaue Frauenaugen, die
tief sind wie das Meer, wechselnd wie der Himmel,
so süß, süß, süß, wie eine leichte Brise, süß wie
Musik, süß wie Küsse, durchsichtig, so klar, daß
man sehen kann, was dahinter ist, daß man die
Seele sieht, die blaue Seele, die sie färbt, die sie
belebt, die sie göttlich macht.
Ja, die Seele hat dieselbe Farbe wie der Blick.
Nur die blaue Seele macht träumen, hat ihre
Bläue von den Fluten und vom Himmel.
Maupassanl XV.
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