Full text: Gesammelte Werke (15)

Ein Scheidungsffrund 
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Rasse fortzupflanzen. Ihre Rasse, die, deren Gestalt, 
Haar, Figur, Bewegungen und Gewohnheiten sie 
besitzen. 
Das thut jedes Tier, ohne zu wissen warum. 
Wir auch - . . 
Das habe ich gethan, als ich sie heiratete. 
Ich bin jenem thörichten Drang gefolgt, der uns 
zum Weibe treibt. 
Sie ist meine Frau. So lange ich sie ideal 
begehrte, bedeutete sie für mich den nie erfüllten 
Traum, nahe, sich zu erfüllen. Von der Sekunde 
ab, wo ich sie in den Armen hielt, bedeutete sie 
nichts mehr, als ein Wesen, dessen die Natur sich 
bedient, um alle meine Hoffnungen zu zerstören. 
Hat sie sie zerstört? Nein. Und doch habe ich 
sie satt, satt, daß ich sie nicht anrühren kann, sie nicht 
mit den Händen betasten oder mit den Lippen be 
rühren, ohne daß mein Herz ein unwiderstehlicher 
Ekel überkommt. Vielleicht nicht der Ekel vor ihr, 
— ein höherer, gewaltigerer Ekel, verächtlicherer 
Ekel: der Ekel vor der Liebe, die so widerlich ist, 
daß sie für alle feiner gebildeten Wesen ein schmach 
voller Akt wurde, den man verbergen muß, von 
dem man nur leise mit Erröten spricht . . . . 
Ich kann es nicht mehr ertragen, wenn meine 
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