Full text: Gottgesandte Wechselwinde

Mufikf tudentenzeit 
Berliner Aufnahmeprüfungen 
„^^Ueine drei großen Jungen", fo nannte Mutter uns 
drei: den Vater, meinen Bruder Hugo und mich. Und es 
trat ein rührender Ausdruck in ihre ernften, großen Augen, 
wenn sie, zu ihrem Mann gewandt, hinzufügte: „Ja, 
Alterchen, und von meinen drei größten Kindern bist du 
doch das allergrößte Sorgenkind." 
Aber nun hatte sie uns gottlob fo weit, daß wir alle drei 
hier in Berlin in unfere Aufnahmeprüfung fteigen konnten. 
Es war im September 1885. 
Uber zwei Jahre, feit feinem Abfchied vom Karlsruher 
Hoftheater, hatte Vater die Bühne nicht mehr betreten. 
Im September 1883, als Vater sich weigerte, am neu 
eröffneten Deutschen Theater in „Kabale und Liebe" statt 
des alten Miller oder des Hofmarschalls v. Kalb, auf die 
er Anspruch zu haben glaubte, die kleine Rolle des Kammer 
dieners zu spielen, hatte die Direktion ihn für kontrakt 
brüchig erklären lassen. Das „Fach" war dort überhaupt 
abgeschafft. Der Vertrag bot Vater keine Handhabe da 
gegen. Keine dem Bühnenverein angehörende Theater- 
direktion durfte ihn hinfort auftreten lassen. Die kümmer 
lichen Honorare für die Jugendfchriften, die Vater in der 
erzwungenen Muße verfaßte, konnten den köpfereichen, der 
Ersparnis halber vorübergehend nach Thüringen ver 
legten Hausstand kaum erhalten. Die erschreckend hohen 
Kosten der Behandlung- beim Augen- und beim Ohren 
arzt, deren ständiger Gast Vater nach feinen beiden
	        
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