Full text: Gottgesandte Wechselwinde

17* 
2Z9 
Dies hatte sie auch schon in unserer Verlobungszeit aus 
gesprochen : sie hatte gar nichts übrig für Kriminalromane. 
Ich schrieb sie ja nur, weil sie überall begehrt wurden, und 
es lockte mich auch technisch, dem Geheimnis nahezukom 
men, das ihnen die starke Spannung gab. Für den logischen 
Aufbau einer Fabel habe ich auch wohl viel gelernt aus 
dieser Arbeit, nach der ich vorläufig eben nur deshalb griff, 
weil ich das Wirtfchaftsgeld, die Miete und die (leider 
noch nicht hohen!) Steuern am sichersten damit erwerben 
konnte. Solange ich „Vor den Schranken", „Das fünfte 
Gebot", „Der große Tag", „Vor dem Kriegsgericht", 
„Weltsiucht" und andere Kriminalgefchichten schrieb, 
schwieg ich vor ihr lieber darüber. Sie konnte und wollte 
mir nur in meine andere Welt folgen, in jene Welt, in der 
auch sie Bescheid wußte, Ich gedenke noch ihrer lebendigen 
Anteilnahme, mit der sie von neuen Entwürfen horte, die 
ich plante, sobald „dieser schreckliche Kriminalroman" be 
endet und untergebracht war. Auch den geschichtlichen 
Jugenderzählungen gewann sie kein besonders starkes In 
teresse ab, ich fühlte das wohl heraus. Die Handlung allein 
überwog darin, für die psychologische Vertiefung bot schon 
der Umfang zu wenig Gelegenheit. Aber durfte ich mich in 
einem der vertraglich vereinbarten Jugendbücher einmal 
einem musikalischen Thema zuwenden, etwa dem Leben und 
Schassen eines der großen Klassiker des Wiener Drei 
gestirns, dann erwärmte sie sich sogleich dafür. Doch sah 
sie's ein, daß man als noch unbekannter Autor abhängig 
war von den Forderungen der Redakteure und Verleger. 
„Die Leser und die Leserinnen freilich urteilen anders", 
meinte sie; „ihnen gibt das Schicksal der Menschen, denen 
sie alle Tage begegnen können, doch wohl mehr als das der 
verunglückten Außenseiter, die dem Richter vorgeführt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.