Full text: Gottgesandte Wechselwinde

die moralische Absicht oft aufdringlich betont. Was uns 
Kindern, als wir erst lesen lernten, und unseren Spiel 
kameraden, soweit sic die „Höckerle" lasen, am meisten 
Spaß machte, war aber der Humor der Geschichten. Im 
mer gab eg in Vaters Erzählungen lustige Stellen mit aller 
hand drolligen Käuzen. Manchmal erkannten wir uns und 
unsere kleinen Schandtaten auch selbst in den Schilderungen. 
Wir bewunderten Vater ungemein. 
Jeden Nachmittag gleich nach Tisch wurden wir zum 
Ausgehen fertiggemacht, und dann zog Großmutter mit 
uns in den Hardtwald. Das waren die stillsten und frucht 
barsten Stunden für Vaters Schriftstellerei, wenn die klei 
nen Trabanten erst aus dem Hause waren. Großvater zog 
sich auf sein Dachstübchen zu einem Schläfchen zurück, 
Onkel Gustav, der ja nur die Größe eines etwa Zehn 
jährigen hatte, rückte seinen Schemel ans Fenster, zündete 
seine lange Tabakspfeife an und lehnte sich zum Fenster 
hinaus. Das konnte er stundenlang so aushalten. Er ging 
jetzt daran, durch die lächerlich leichten Erfolge feines Bru 
ders angestachelt, einen Roman zu schreiben. Gutzkow, dem 
er für seine „Blätter für den häuslichen Herd" ein paar 
Arbeiten vorgelegt, hatte ihm fein Talent bestätigt und ihm 
Mut zugesprochen. Aber Onkel Gustav brauchte Anregung 
und Stimmung. Und er mußte das „brausende Leben" 
beobachten. 
Das „brausende Leben" der Langestraße mag damals 
nicht allzu überwältigend gewesen sein. Mich zog es einmal 
aber doch in seinen Strudel. Und dag geschah, weil Groß 
mutter mit den andern zu rasch vorausgegangen war. Ich 
zappelte vor Ungeduld, während Mutter, den Federhalter 
der Ouere nach zwischen die Lippen pressend, mir das 
Jäckchen überzwang. Und dann ging's holterdipolter die 
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