Full text: Gottgesandte Wechselwinde

gewartet: daß die da drüben es wagen würden, ihre Stel 
lungen zu verlassen. Nun kam also die Vergeltung. Ein 
dichter Hagel von Schrapnellen überschüttete sie, und im 
Nu waren sie wieder in ihren Löchern verschwunden. 
Mit dem nächtlichen Überfall war es also doch noch 
nichts. Sie sparten sich ihn für den folgenden Tag auf. 
. . . Sonntag im Felde . . . 
Der Nebel ist gewichen. Es liegt wieder goldene Herbst- 
klarheit in der Luft. Aber wir liegen in unseren nassen 
Lehmmulden und blicken nur wie die Gefangenen sehn 
süchtig durch die Schießlöcher in die Freiheit hinaus, in 
den Sonntag, der dieser unendlich langen Woche folgt. 
Wir sind ernster und älter geworden. Bereit sein ist alles. 
Und dieser Sonntag lehrt uns noch einmal so recht den 
Krieg kennen. Von ein Uhr an beginnt wieder dies Ab 
suchen, gleichmäßige Abtasten, regelrechte Überschütten 
unserer sämtlichen Schützengräben mit Granaten und 
Schrapnellen. Taktgemäß fast nähert sich das Grauen. 
Eins, zwei, drei, vier Einschläge. Dann eine Atempause. 
Wieder ein Einschlag. Dreißig Meter näher heran. Noch 
einmal. Und jetzt die Entscheidung . . . 
In einer Minute zählen wir vierundzwanzig Schüsse. 
Und das geht so sechs Stunden lang. In meine Erdhöhle 
dringt wieder nur die aufgewirbelte Ackerkrume. Aber von 
andern Kompanien hören wir abermals Verluste: ein paar 
Tote und Verwundete durch Granatsplitter. . . Auch 
Unteroffizier Reis, der immer Tapfere, ist verwundet. 
Nach dem grauenvollen Lärm des Tages atmet man den 
Abendfrieden wie ein Gottesgeschenk. Man blickt zu den 
Sternen auf. Aber lange dauert die Stille nicht. Schon 
prasselt's links drüben bei den Jägern. Dann geht rechts, 
um das Klosterstädtchen herum, wieder das Maschinen
	        
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