Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

Verschiedenheiten festzustellen („idiographisch“, nicht „nomothetisch“ 
vorzugehen), — und diese Theorie der Logik findet ihr Seitenstück 
in der Anschauung der historischen Spezialwissenschaft, dass die 
staatlichen Einrichtungen das willkürliche Produkt der ihren 
Zwecken nachgehenden Menschen, vor allem der überlegenen Ver- 
standes- und Willenskraft der leitenden Poliker seien; dass also 
die politischen Erscheinungen durch die Menschen reflektierend 
„gemacht“. würden. Aber heide Anschauungen werden durch die 
Thatsachen widerlegt, Es ist sicher, dass sowohl die Zwecke, 
die ein Staat anstrebt, (seine „Politik“ im Sinn seiner Kultur- 
thätigkeit ; vgl. ob. III., — Handelspflege, Kolonisation, Eroberung, 
; ete,) wie die rechtlichen Normen, unter denen der Staat steht, 
Award MM m U (seine Verfassung) in grossem Umfang von bestimmten Be- 
\ k Sr / dingungen der geographischen Lage, der rassemässigen Eigen: 
; V N art, der im Volk vorhandenen Bildung, von dessen Pflichtgefühl, 
' \r WM . den jeweiligen internationalen Beziehungen u. s. w. abhängig sind, 
; M die ein Staatsmann oder eine herrschende Gruppe nicht willkürlich 
(N Miralfnnd schaffen kann. Diese Zusammenhänge aber ebenso wie die 
CS \ * wechselseitige Beeinflussung von Politik .und Ver- 
(ia Ya Mina fassung sind bis zu gewissem Grade wiederkehrende, weil die 
WW il N Ada einwirkenden Faktoren, die äusseren wie die seelischen, typische und 
VG A N“ \ wiederkehrendesind. Die aus derErfahrung folgenden Regeln, 
‘wm en die hierfür massgebend sind, sind die Gesetze, die eine historische 
L A Politik aufzudecken hat. 
MN Mm , m / b) Andrerseits ist richtig, dass der Auffindung solcher poli- 
X MM Y bw md tischen Gesetze relativ enge Grenzen gestecktsind. IhreWirksam- 
. D keit hört überall da auf, wo der Einfluss der höchstindivi- 
; am tm duellen historischen Zufälligkeiten beginnt, d, h. da, wo 
7 x rt I. \ _ auf Staatsthätigkeiten und Staatsverfassung die Entschliessungen 
Mm I ll Stimmungen, Schicksale (Todesfälle etc,) der beteiligten Menschen 
I sl Wr nd zwar sowohl der sog. „grossen Persönlichkeiten“ wie der sog. 
\ ‘ „Massen“ beginnen. Auch wenn man philosophisch annehmen will, 
dass die Willensentschliessungen ‘ der Menschen und damit auch 
die politischen Veränderungen in jedem Augenblick mit Notwendig- 
keit bedingt sind, also unter dem Kausalgesetz nach Art eines 
Naturgesetzes stehen (Determinismus), so ist doch ein solches Prinzip 
für die historische Erkenntnis wertlos, denn jene Bedingungen und
	        
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