Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

Richard Schmidt, Staatslehre 5. 
seiner Geltung schaffen — sei es durch staatliche Formulierung 
der allgemeinen Regel (Gesetzgebung), sei es durch Durchführung 
der Regel im Einzelfalle (Rechtsanwendung: Ausspruch, — 
bes. Urteil und Zwang, bes. Vollstreckung), sei es (wie in zivili- 
sierten Staaten meist) durch beides, Diese Funktionen des Staats 
sind in seiner Sicherungsaufgabe (ob. 8 2 lit. b) enthalten. Der 
Staat ist Schützer der Rechtsordnung, — das Recht ist 
in seinem Bestand vam Staat abhängig. 
b) Audrerseits aber muss sich auch der Staat unter das 
Recht und seine Vorschriften fügen. Sein Wesen liegt gerade 
darin, dass er im Gebrauch der von ihm zusammengefassten Volks 
kräfte (8 Ib, 2) eine selbständige Willensthätigkeit entwickelt. 
Auch er ist also ein Willens- und Interessenträger, eine 
Person, wie der Einzelmensch oder die wirtschaftlichen etc, Verbände 
des Privatlebens. Wie sie, wird also auch das Verhalten des 
Staats durch die Regeln des Rechts gebunden und beschränkt 
Das Recht hat nicht nur gegenüber den Individuen, sondern auch 
gegenüber den politischen Verbänden das Streben, Missbrauch der 
Macht, Willkür, zu verhüten. Wenn also auch die Menschen in 
erster Linie von der überlegenen Macht des Staats Hilfe, Förderung. 
Schutz erwarten, so hat doch andrerseits auch jedes im Staat ver- 
einigte Volk die Tendenz, diese Macht des Staates rechtlich 
einzuschränken, — die Sphäre der Einzelnen gegen 
Uebergriffe des Staats zu sichern. Insoweit ist der Staat, 
(die Gemeinde) Glied der Rechtsordnung. Der Staat schützt 
nicht nur das Recht (lit. a), sondern ist zugleich vom Recht ab- 
hängig. Er ist Rechtsstaat. (Hauptgedanke der Naturrechts- 
lehre, Grotius, Locke, Voltaire: Idee der „Herrschaft des 
Gesetzes“) 
Il. Die Rechtsstaatsidee ist hiernach stets insofern von prak- 
tischer Bedeutung, als sie der Kulturthätigkeit des Staatslebens 
zugleich Sicherheit giebt, sittliche Schranken auf- 
erlegt, — nach aussen (durch das Völkerrecht) wie nach 
innen gegenüber den Bürgern (durch das Staatsrecht. Im 
Einzelnen wird ihre praktische Bedeutung verschieden:
	        
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