Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

lichen, überhaupt persönlichen) Bewegungsfreiheit verwechzelt 
werden, die dem Bürger durch die staatliche Thätigkeit offen ge- 
lassen wird (vgl. o, 8 2). Es ist denkbar, dass das individuelle 
Leben sehr stark beschräukt wird, aber doch nach Massgabe 
fester, sichernder Grundsätze — so in sehr primitiven 
Gemeinwesen, z. B. denen der germanischen sog. Gemeinfreiheit in 
und nach der Völkerwanderung (unbedingter Kriegsdienst, staat- 
liche periodische Landverteilung etc. nach fester Ordnung); — eine 
extreme Durchführung dieses Zustandes schwebt den Vertretern 
des „sozialen“ Staats. vor (politische Freiheit bei völliger indivi- 
dueller Unfreiheit). Es ist andrerseits denkbar, dass ein Staat, 
der den. Bürger gegen staatliche Willkür schutzlos lässt, ihm 
doch in Familie und Wirtschaft sehr freie Bewegung eröffnet. 
Freilich kann die Missachtung der politischen und der persönlichen 
Freiheit zusammentreffen, Eine Bevölkerungsklasse, über deren 
ganze Kräfte die Staatsgewalt verfügt, ohne durch-rechtliche 
Schranken gebunden zu sein, ist Staatssklave, Staatsfröhner 
(von Bedeutung in allen Orientstaaten, bes. in Aegypten, Assyrien), 
während man keineswegs jeden Unterthan eines despotischen Staats 
als Sklave bezeichnen darf. Entsprechend bedeutet politische 
Gleichheit nicht notwendig die positive Gleichbehandlung aller 
Bürger, sondern nur die relative, verhältnismässig gleiche 
Berechtigung und Beschränkung derselben nach Verhältnis der 
Verschiedenheiten ihres Vermögens, Geschlechts, Alters, Berufs etc., 
also -die absolut gleiche aller in. gleichen Vermögens-, Berufs- etc. 
Lagen befindlichen. 
b) Noch weniger liegt.in der politischen Freiheit und Gleich- 
heit enthalten, dass der Einzelne ein Recht zur Teilnahme 
an der Staatsleitung (Regierung, bezw. überhaupt an der 
staatlichen Thätigkeit) haben müsse und zwar alle gleichviel 
Anteil daran. Politische Freiheit ist nicht politische Macht, 
Mit andern Worten, es darf aus’ dem Rechtsstaatsgedanken keines- 
wegs die Forderung der Demokratie abgeleitet werden (Trugschluss 
Rousseaus). Denn das Prinzip des Rechtsstaats betrifft überhaupt 
nur ‚das Verhältnis zwischen dem Staat und dem Bürger 
als staatlich geschütztem und gefördertem Glied der Volks- 
gemeinschaft, — nicht die Frage, ob der Bürger ausserdem
	        
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