Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

Reich, um so mehr als der Kaiser seine Beamten ‚aus dem Ritter- 
stand rekrutiert. Ebenso wird in den Städten die Selbstverwaltung 
unhaltbar, weil sich die Reichsregierung hier nur auf die städtische 
Oligarchie stützt und diese keinen Rückhalt in den untern Klassen 
findet. Allmählich (endgiltig seit Septimus Severus) übernimmt 
das Kaiserliche Heer und Beamtentum alle staatliche Thätigkeit; 
mit Diocletian wird der Militär- und Beamtenabsolutismus fest. 
gelegt. Inzwischen ist jedoch (deutlich seit ca. 150) bereits die 
Folge des Sklavenbetriebs, durch den die Massen und freien Be- 
völkerung in politischer wie wirtschaftlicher Unthätigkeit degeneriert, 
die Verarmung und Entvölkerung der inneren Provinzen einge- 
treten. Die äusseren (Kaiser-) Provinzen übernehmen die Führung 
und mit ihr beginnt die Barbarisierung und dann die Auflösung des 
Reichs in seine Teile, die durch die germanischen Besitzergreifungen 
nur beschleunigt wird. 
Hienach gelangte die antike Welt nicht zu dauernden Staats- 
zuständen, — die Örientstaaten hauptsächlich deswegen nicht, weil 
sie durch die Verhältnisse im absoluten Grosstaat solange 
festgehalten werden, dass dieser in einen Verfassungszustand, 
zur Freiheit des Volks, nicht mehr übergeleitet werden kann, — 
die griechisch-römische Welt deswegen nicht, weil die Verfassungs- 
formen sich ausschliesslich im Kleinstaat entwickeln und von 
da auf einen Grosstaat nicht übertragen werden können, weil 
die Verletzung der Gleichheit zwischen herrschendem Staat und 
Unterthanenstaat in den Absolutismus zurückführt. 
8 9. Die Anfänge verfassungsmässiger Grosstaaten. 
I. Mit dem Eintritt der Germanen wird der Schwerpunkt der 
Staatsbildung in Gebiete (Frankreich, Deutschland, England) verlegt, 
deren flache Natur die Bildung grösserer Gemeinschaften begünstigt, 
—' einen Völkerschafts-, dann Stammesstaat (im Gegensatz. zum 
antiken Gaustaat). Das gleiche befördert die Tradition des römischen 
Staats. Andrerseits bringen die Germanen wieder eine primitive 
Verfassung mit (Völkerschafts-, Stammesversammlung neben den 
Häuptlingen, dem Stammeskönig). Zum ersten Mal entstehen wieder 
Anfänge eines verfassungsmässigen Gross- (Territorial-)
	        
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