Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

Gerade in den wichtigsten Fällen haben sich diese Neu- 
gründungen unter massgebender Mitwirkung der Gross- 
mächte vollzogen, zum Teil haben diese sogar die Unabhängig- 
keit der neu begründeten Staaten garantiert (sog. „Neutralisierung“ 
Belgiens, der Schweiz ete.). Endlich hat der Gedanke des ver- 
fassungsmässigen, Grosstaats auch ausserhalb der europäischen 
Kulturwelt Boden gefasst in Japau (Sturz der absoluten Militär- 
monarchie des Shogun in Yedo (Tokio) 1869, — Wiederbelebung 
der altlegitimen geistlichen Monarchie des Mikado in Kioto, aber 
unter Kombination derselben mit einer Volksvertretung (in Tokio) 
dureh Verf. v. 1889/1890. 
III. Im Gegensatz zu II ist nun freilich weiter zu beachten, 
dass seit Mitte des 18. Jh. nebenher eine neue Strömung geht, 
welche ausserhalb der westieuropäischen Staaten- 
welt eine Eroberungs- und Weltstaatspolitik mit abso- 
Jutistischen Tendenzen nach innen zu immer steigen- 
der Geltung bringt. Sie wird haupsächlich vertreten: a) von 
England. Dasselbe geht seit dem 18. Jh. planmässig und trotz 
grosser Verluste (Nordamerika) in immer wachsenden Umfang 
kolonisierend vor, und zwar zum grossen Teil auch auf Kosten 
des Kolonialbesitzes zivilisierter Staaten in gewaltsamer Form 
(des französischen Besitzes in Kanada, des holländischen in Süd- 
afrika). Allerdings wird den Kolonien teilweise in grossem Um- 
fang Selbstverwaltung (vgl. o. $ 1, II) gewährt, aber nicht allen 
(Indien) und seit dem Ende des 19. Jh. tritt der Plan auf, das 
grossbritannische Mutterland mit sämtlichen Kolonien (Kanada, 
Indien, Australien, Südafrika) — ev. auch den Schutzstaaten 
Egypten) zu einem Staat mit gemeinsam gesetzgebenden und 
regierenden Reichsparlament, gemeinsam organisierter Armce 
und Flotte, abgeschlossenem Handelsgebiet etc. zu vereinigen 
‘Imperialismus, Greater Britain), b) Von Russland. Dasselbe 
ist, wie China, ausserhalb der antiken und christlich-germanisch- 
romanischen Kulturkreises, erst seit dem 17. Jh. in engerer Be- 
rührung mit dem Westen entwickelt worden, Es ist deshalb für 
Russland charakteristisch, dass es aus der feudalen Zersplitterung 
von Dynastieen zahlloser kleiner Grundherrn mit. abhängigem
	        
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