Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

Interessen und Gesetzgebung) gemeinsame (nationale) Bedürfnisse 
ampfinden, doch in anderer Hinsicht (Beamtenwahl, Steuerverwaltung) 
in Iiandschaften und Kolonieen verschiedne (territoriale, be- 
sondre „partikuläre“) Bedürfnisse behalten, und dass ebenso in 
iandschaftlichen Staatskörpern wiederum in manchen Funktionen 
(Bau-, Strassenpolizei, Schulwesen etc.) die Kreise (Provinzen), 
Städte, Dörfer ebenso verschiedne (lokale) Bedürfnisse haben. 
Hiermit verbindet sich in entwickelteren Verhältnissen die Erkenntnis, 
dass die Selbstverwaltung in hohem Masse politisch erzieherisch 
wirkt, insofern die Mitwirkung der Bürger in kommunalen Dingen 
ihren Blick für die politische Thätigkeit im Gesamtstaat (z, B. in 
einer Volksvertretung) vorbereitet. Es muss also umgekehrt ein 
besonders starker Antrieb im politischen Leben vorhanden sein, um 
die Selbstverwaltungsthätigkeit durch einheitliche Thätigkeit der 
>bersten Staatsgewalt und die nur von ihr abhängigen Organe 
“Staatsbehörden) aufzusaugen, und die Geschichte lehrt weiter, dass 
lies stets nur eine anomal gesteigerte finanzielle und militärische 
Kraftanstrengung zum Zwecke der Abwehr oder der (erobernden) 
Expansion ist. Nur braucht dies nicht gerade so zu geschehen, 
dass den Unterstaaten, Provinzen, Gemeinden äusserlich jeder 
Einfluss auf die Organe ihres Kreises genommen wird, Die Selbst- 
verwaltung kann vielmehr auch so verkümmern, dass die innere 
Selbstbestimmung der territorialen und lokalen Gruppen ver- 
nichtet wird, — dadurch, dass man die scheinbaren Selbst- 
‚erwaltungsorgane thatsächlich von der Zentralgewalt 
zänzlich abhängig macht, sodass sie in Wahrheit auch zu Staats- 
behörden herabsinken. Dieser Erfolg wird vor allem dann erreicht, 
wenn Unterstaaten, Provinzen oder Gemeinden zwar eine eigne 
Verwaltung (Regjerung), z. B. durch oligarchische Familien, Lokal- 
üdynasten belassen wird, aber keine Rechtskontrolle dieser 
Regierung, die im engern Kreise eine verfassungsmässige 
Selbstverwaltung entsprechend der Kontrolle der Zentralregierung 
ermöglicht. Auf letzterem Wege ist schon in den hellenistischen 
Staaten und dann im römischen Reich die Selbstverwaltung der 
lem Reich inkorporierten Stadtstaatsbezirke erstickt worden 
oo. $ 8 a. E.). Und ebenso sind im absoluten Staat des Fest- 
lands seit dem 16., Englands seit dem 18. Jh. unter dem Druck
	        
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