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Euer Blut in den Reihen unserer Truppen für staatliche
Zwecke zu vergiessen! Dann würde der Staat wenigstens
zielbewusst handeln. Er würde dann meiner Ansicht nach
zwar äusserst unpraktisch, aber doch in gewissem Masse
konsequent handeln. Keineswegs aber entspricht es dem
christlichen Geiste, wenn man sagt: Zahlt zugleich mit uns
auch für uns, vergiesst Euer Blut für und mit uns; dort
aber, wo es sich um Rechte handelt, habt Ihr nicht den ge-
ringsten Anspruch. Ich würde es lebhaft bedauern, wenn
man einen christlichen Staat in solcher Weise kennzeichnen
wollte, Er würde einfach aufhören, ein christlicher Staat zu
sein, weil er ungerecht handeln würde, während die erste
Bedingung des Christentums die Gerechtigkeit ist.“
VIII. — (1881. Nr. 4). — Die traurigen Erscheinungen, die
in ‘Deutschland durch die Antisemiten-Liga herautbeschworen
worden sind, haben sowohl in Deutschland wie in allen
anderen Staaten der Welt seitens der gebildeten Kreise die
gebührende Beurteilung erfahren. Im Vaterlande eines
Lessing, am Vorabend des hundertsten Sterbetages dieses
grossen Kümpfers für die Gewissensfreiheit, werden diese
Erscheinungen als ein ewiger Schandfleck auf der Kultur
Deutschlands haften bleiben.
Genau in einem Monat, am 3. (15.) Februar, werden
die Deutschen diesen Gedenktag feiern und Reden über die
Bedeutung dieses grossen Schriftstellers halten, von dem ein
bekannter deutscher Kritiker behauptet, dass „die Rückkehr
zu seinen Ideen noch immer und überall einen Fortschritt
bedeutet hat.^ Diese Jubelfeier wird an einer haarsträubenden
Lüge kranken, da die durch die Antisemiten-Liga provozierten
Erscheinungen klar bewiesen haben, dass der Geist Lessings
noch nicht in die Denkweise des deutschen Volkes ein-
gedrungen ist . . .
Diese Entdeckung muss jeden Menschenfreund betrüben
als eine Thatsache, die an der Kulturentwicklung Deutsch-
Jands zweifeln lässt . .. Ist es doch in diesem Lande
möglich gewesen, das geistige Heiligtum seiner Kultur, das
Vermächtnis seiner grossen Schriftsteller zu missbrauchen . . .
Unsere russischen Flachköpfe beeilten sich nun, im
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