Bei solchen Anschauungen kommt die Idee vom Staate, als einer
Verkörperung der Idee der göttlichen Gerechtigkeit und der
menschlichen Tugend, vollständig in Wegfall, da der Staat sich
dann einfach in eine Art Stammtischgesellschaft verwandelt, die
in ihrem Alkoholrausch jeden ihnen nicht gefallenden Menschen
einfach an die Luft setzt. Diese Stammtischgeseilschaft
erwägt nicht, dass sie für zerbrochene Möbel, zerschlagenes
Geschirr und eingeschlagene Scheiben wird aufkommen
müssen... Was wird nun, wenn man die ganze Judenschaft
aus Russland ausweist? Das würde deu Staat wenigstens ein
paar Milliarden Rubel kosten. Wie aber, wenn nun andere
Volksstämme, die jetzt. in Russland leben, in dieser von
Staatswegen organisierten. Judenausweisung cin Privilegium
für den jüdischen Volksstamm erblicken und auch für sich
eine solche Ausweisungs-Organisation. verlangen?
Es ist zu bedauern, dass die offenherzige Zeitschrift
sich nicht die Mühe gab, die Summen zu berechnen, die für
die Juden der verschiedenen Klassen und Stände bei der
Ausweisung erforderlich sein würden. Es dürfte vielleicht
nicht schwer fallen, die Entschädigung für die materiellen
Verluste zu berechnen, die jeder einzelne Jude bei dem
unfreiwilligen Verlassen seines Wohnorts erleiden würde.
Wie wollte man aber dann die Entschädigung für die Jahr-
hunderte lange Beteiligung seiner Ahnen an den Staatsaus-
gaben, für ihre Teilnahme an der Organisierung des russi-
schen Handels, der russischen Industrie u. s. w. veranschlagen ?
Die erwähnte Zeitschrift erhebt übrigens in ihrer muster-
haften Bescheidenheit keinen Anspruch auf die alleinige Ur-
heberschaft ihrer Entdeckung, sondern bezieht sich vielmehr
auf ein bereits vorhandenes Vorbild — „den Auszug der
Juden aus Ägypten,“ wobei sie den guten Rat erteilt, dass
man einen zweiten ,, Auszug bewerkstelligen solle. Mit andern
Worten, sie empfiehlt dem russischen Staate nichts mehr
und nichts weniger, als dass er auf die Stufe des alten
Ägypten, und dem russischen Kaiser, dass er zum Niveau
des ügyptisehen Pharao Rhamses herabsteige!
Und so etwas schreibt man in einem Moment, wo der
Samen, deu das Böse gesät, bereits traurige Früchte zeitigt,
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