]2 —
nachsichtigere und den eigenen Interessen der Juden dien-
lichere Massregeln ergriffen worden sind. Ungeachtet dessen
jedoch wagt das Komitee, obschon es von der Brauchbarkeit
dieser Massregeln überzeugt ist, weder sich selbst einzureden,
noch vor Ew. Majestät die Bürgschaft dafür zu übernehmen,
dass ihre Wirkung sich bald und in ihrem ganzen Umfange
offenbaren werde. Das Komitee hält es daher für seine Pflicht,
nur mit möglichster Wahrscheinlichkeit die voraussichtlichen
Erfolge anzudeuten, die von der Einführung dieser ,Ver-
ordnung* hinsichtlich der Hebung und Fórderung der Juden
erwartet werden kónnen.
V. Diese Erfolge kónnen in Folgendem bestehen:
Die Erfahrung aller Staaten, in denen Juden wohnen
und in denen man sich mit der Regelung ihrer Verhältnisse
befasst hat, beweisen, dass unter allen administrativen
Massnahmen und Einrichtungen, die die Regierungen ins
Leben riefen, diese eine der schwierigsten war. Über ein
halbes Jahrhundert brauchte man, um die in den verschiedenen
Teilen Deutschlands wohnenden Juden, die unter dem
Namen „deutsche Juden“ bekannt sind, in jene Lage zu
bringen, in der sie sich gegenwärtig befinden; dabei ist zu
bemerken, dass diese Juden bereits nach der ganzen Grundlage
ihrer Bildung den allgemeinen Landessitten näher standen, als
jene, die in den neuerdings mit Russland vereinigten Gou-
vernements wohnen.
Die allgemeine Auffassung von der Geschichte und den
Sitten der Juden erklärt und bestätigt dieses unerschütterliche
Zeugnis der Erfahrung. Wenn indessen diese Erfahrung
und die über ihre Sitten herrschende allgemeine Vorstellung
beweist, mit welchen Schwierigkeiten überall die Regelung
ihrer Lage verknüpft war, so beweisen doch andererseits
dieselbe Erfahrung und die Präcedenzfälle einiger Staaten,
in denen diese Regelung in zufriedenstellender Weise erfolgt
ist, dass eine Hebung des Niveaus, auf dem sie sich befinden,
nicht unmöglich ist, dass durch richtige Massregeln und deren
stetige Anwendung schliesslich auch die verrottetsten Ge-
wohnheiten überwunden werden, und dass allmählich
wirkende, auf gegenseitigen Nutzen gegründete Massnahmen
5°