Full text: Die Juden in Russland; Urkunden und Zeugnisse Russischer Behörden und Autoritäten

den jüdischen Händen zu entreissen und ihn ausschliesslich 
in polnische Hände überzuleiten, oder im Lande, zugleich 
mit patriotischen Aufrufen an die „Polen mosaischen 
Glaubens,“ Gerüchte über die Notwendigkeit von Juden- 
massacres zu verbreiten.®) 
Diese Gerüchte wurden während der zweijährigen 
Demonstrationsperiode wohl  sieben- oder achtmal im 
Lande ausgestreut und waren namentlich in den Gou- 
vernements Grodno und Kowno stark verbreitet; die Juden 
begriffen den Zweck einer solchen Politik, sie wussten, 
woher die Drohungen kamen, und errieten unschwer das 
Schicksal, das ihnen bevorstand, falls wider Erwarten die west- 
lichen Landesteile wirklich unter die Herrschaft einer polnischen 
Regierung fallen sollten. Da die Juden der westlichen Provin- 
zen sich zu einem offenen Kampf gegen das Polentum nicht 
entschliessen konnten, weil sie an einer energischen Unter- 
stützung unsererseits zweifelten, lehnten sie nicht nur jede 
Beteiligung an den Demonstrationen, sondern auch jede 
Solidarität mit den polnischen Herren hartnäckig ab. — 
Man kann viele Fälle aufzählen, in denen die Polen sie 
zur Teilnahme an ihren Plänen aufforderten und die Agi- 
tatoren der westlichen Gouvernements mit ihnen zu lieb- 
üugeln suchten, ‘weil sie es für möglich hielten, eine eben- 
solche künstliche Annäherung zwischen Juden und Polen zu 
bewerkstelligen, wie sie bald nach den Februarereignissen 
in Warschau thatsächlich eingetreten ist. Aber ihr Ansinnen 
wurde schroff abgelehnt und der Zweck ihrer Liebäugeleien 
begriffen . . 
Bei der Konzentrierung des Grossgrundbesitzes und des 
Kapitals in den Händen der polnischen Gutsbesitzer und bei 
der Solidarität, mit der die polnische Partei unter der Füh- 
rung der Adligen [Pany] handelt, wäre es nicht schwer, 
*) Verfolgt nicht die polnische Partei auch jetzt noch dieselbe 
Politik, indem sie seit der Zeit, da man von einer Russifizierung der 
westlichen Landesteile spricht, die russische Gesellschaft mit der angeb- 
lichen Gefahr einer Verjudung der westlichen Gouvernements zu schrecken 
sucht? Die Absicht ist klar: anstatt den Schlag zu parieren, scheint es 
ihnen vorteilhafter, ihn gegen ein uns ergebenes Bevölkerungselement 
abzulenken . . . 
Anmerkung Rajkowskis. 
AS
	        
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