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men, obgleich dieselben fast ohne Ausnahme, wie die Abfassung der
Geschichte selbst, dem Ordensmitglicde Amarauthes, M. Johann
Herdegen, Prediger an der Kirche zum heiligen Geist und Profess
sor der Philosophie, allein zur Last fielen. Es gicug mit Abfas
sung dieser Geschichte eine der Hauptbcdingungen in Erfüllung,
von denen Lilidor und Ergasto (Fürer und Rcusch) das Gedeihen
der Gesellschaft abhängig gemacht hatten; nnd Herdegcn spricht
am Schlüsse seines Werkes die Hoffnung, ja die Verheißung aus,
daß die übrigen Vorschläge Ergasto's nach nnd nach auch zur Aus
führung kommen, namentlich eine Auswahl von den gelungneren
Gedichten der Mitglieder erscheinen und der Welt zeigen würde,
daß cs dem Orden nicht au geschickten Dichtern gefehlt habe.
Diese Auswahl ist nicht erschienen; doch ist der Orden im Besitz
einer Sannnlung von Gelegenheitsgedichten, welche von Mitglie
dern verfaßt find nnd auf Mitglieder Bezug haben. Diese Samm
lung, welche sckon für die früheren Zeiten Anhaltspunkte zur Be
urtheilung des Geistes der Ordcnspoeste darbot, setzt uns auch
für die Periode von 1716 —1749, oder von der Feststellung der
Gesetze bis zum Tode Floraudo's (Negcleins) in den Stand, eine
Ansicht über die poetischen Leistungen der Ordcnsmitglieder auszu-
sprcchcn. Anfangs bis gegen 1740 hin herrscht noch der gemessene
Gang der Alexandrinerstrophe in Gedanke, Ausdruck und Versbau
vor. Dann macht sich nach nnd nach immer mehr das Ansehen
geltend, welches Hagedorn (1708 — 1754) und Haller (1708
— 1777) in Deutschland sich errangen. Hagedornes Feinheit,
größere Gewandtheit Und Leichtigkeit, noch mehr Hallers leben
dige Kraft, verbunden mit tiefem Gefühl und edlem sittlichen Ernst
sind in manchen Gedichten nicht zu verkennen. Der Alexandriner
wird verlassen und mit dem kräftigeren vierfüßigen Jambus, oder
mit dem lebhafteren vierfüßigen Trochäus vertauscht, jener mei
stens in achtzeiligen, dieser in zehuzeiligen Strophen angewendet.
Zwar bilden Reflexionen, oft sehr prosaische und gewöhnliche, den
Inhalt, aber selbst ihr Ausdruck ringt nach Wahrheit nnd Natür
lichkeit und dient sogar hie und da schon zur Einleitung und Siecht-