GÜR - Modelle wurden damals zwar in den Reihen der IG Chemie
diskutiert und man stand einer solchen Verrentungsform auch sehr wohl-
wollend gegenüber, eine konkrete tarifpolitische Forderung wurde GUR —
bezüglich aber nicht gestellt. Den GÜR brachten vielmehr erst die
Arbeitgebervertreter in die damaligen Verhandlungen mit ein.
Vorläufer der Alters — Teilzeitarbeit ist dabei nach Ansicht der von uns
befragten Personalmanager die Alters — Freizeitregelung gewesen, die als
36 — Stunden — Woche für Arbeitnehmer ab vollendetem 58. Lebensjahr in
der chemischen Industrie schon 1983 eingeführt wurde. Damals allerdings
weniger, um einen GUR zu ermöglichen, sondern primär, um älteren
Arbeitnehmern die Arbeit zu erleichtern. Diese Idee, gerade ältere
Arbeitnehmer besonders zu entlasten, und die mit der Alters — Freizeit —
regelung gemachten positiven Erfahrungen waren wesentlicher Hintergrund,
den GUR arbeitgeberseits ins Gespräch zu bringen. Hinzu kommt, daß
man aus Kostenvergleichsrechnungen wußte, daß die Vorruhestandsregelung
"kein billiger Spaß werden würde" und der GÜR kostenmäßig relativ
zünstig abschnitt. Außerdem befürchtete man auf Arbeitgeberseite, daß
über eine reine Vorruhestandsregelung noch dringend benötigtes know —
how abfließen könnte, daß hochqualifizierte Leistungs - und Erfahrungs —
träger die Unternehmung verlassen könnten, ohne daß für sie adäquater
Ersatz rechtzeitig zu beschaffen sei. Hieraus ergibt sich das wesentliche
Motiv zur Einführung der GUR - Regelung.
Ein eigenständiger betriebswirtschaftlicher Handlungsbedarf kann als
Einführungsmotiv nicht festgestellt werden, es sei denn, man betrachtet
den GUR als eigenständigen Beitrag zur Flexibilisierung von Arbeit ge -—
nerell. Der GUR wird entsprechend bei den von uns befragten Perso —
nalmanagern auch als Testfeld zukünftiger Arbeitszeitregelungen betrachtet:
‘wir haben gedacht, wenn es bei den älteren Arbeitnehmern gut funktio —
niert, dann kann es ein Signal sein auch für andere Betriebe und andere
Arbeitnehmergruppen. ... Daß Alters — Teilzeitarbeit stärker in Anspruch
genommen wird, das haben wir gedacht, und wenn sich das mal durch -—
setzt, dann können wir es auch ... für andere Altersgruppen vielleicht
stärker realisieren, weil man dann sagen kann, es geht doch. Das ist ja
dann keine Altersfrage, sondern eine organisatorische. Aber es war nicht
die eigentliche Motivation es zu machen, damit wir hier ein Experimen —
tierfeld haben für andere Fälle." .
Von der IG Chemie wurde der GÜR als zusätzliche Variante aufge —
griffen, "weil es auch von unserer gewerkschaftlichen Vorstellung her so
einer Idealvorstellung entspricht, daß man so einen gleitenden Ubergang,
den man eben tarifvertraglich dann finanziell noch abfedert, daß man den
bewerkstelligt. Das entspricht ja durchaus unserer gewerkschaftlichen Ziel-
setzung und deswegen wurde diese Variante dann noch eingebaut. ... Wir
gingen davon aus, daß es eine Alternative zum Vorruhestand sein kann,
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