nicht selten gesundheitliche Gründe und/oder leistungs-— und qualifikato —
tische Defizite ältere Arbeitnehmer dazu, das volle Ausscheiden zu präfe —
rieren.
Auch muß gesehen werden, daß die Alters — Teilzeitarbeit häufig mit
Umsetzungen und damit zusammenhängenden Integrationsproblemen und
Ansehensverlusten behaftet ist, daß der ältere Arbeitnehmer erhebliche
Koordinationsprobleme innerhalb der Arbeit (z.B. hinsichtlich des Pro-
blems, einen Zwilling zu finden, hinsichtlich Absprachen mit Kollegen,
[nformationsdefizite) und außerhalb der Arbeit (z.B. Koordination von
Fahrgemeinschaften) erwartet. und nicht zuletzt auch erhebliche Arbeits —
intensivierungen und einen relativ höheren Aufwand für Fahrzeiten,
Fahrtkosten und Berufskleidung antizipiert®.
Hemmend auf die Inanspruchnahme der GUR — Regelung im Chemie —
bereich wirkt auch die Konstruktion des Tarifvertrages, konkret hier des
Paragraphen 2 Nr.2, der die potentielle Revidierbarkeit der einmal gefäll —
ten Entscheidung für den GUR praktisch ausschließt. Danach bleibt näm —
lich den Arbeitnehmern, die sich einmal für den GÜUR entschieden haben,
der Wechsel in den Vorruhestand versperrt. Als diese Tarifvertrags —
Konstruktion als Hemmnis der individuellen GÜR -— Inanspruchnahme
erkannt wurde, haben einige Unternehmungen -— nicht zuletzt auch auf
Drängen der Betriebsräte — auf betrieblicher Ebene vereinbart, einen
Wechsel vom GUR in den Vorruhestand zu ermöglichen. Allerdings hat
diese Option — entgegen der Annahme — die Attraktivität des GUR nur
sehr unwesentlich erhöht. In einer von uns untersuchten Unternehmung
waren Ende November 1987 insgesamt 793 Vorruhestandsverträge in Kraft,
aber lediglich 35 GUR -— Verträge; dies entspricht etwa 4,3% aller Inan-
spruchnahmen. Unter den 793 Vorruheständlern befinden sich allerdings
nur neun ehemalige GÜR -— Arbeitnehmer, deren GÜR — Verträge in einen
Vorruhestandsvertrag umgewandelt wurden, darunter fünf Angestellte und
vier Arbeiter. Während sich im Vorruhestand überwiegend gewerbliche
Arbeitnehmer befinden (553 Arbeiter zu 240 Angestellten), sind in der
Alters — Teilzeitarbeit überwiegend Angestellte anzutreffen (20 Angestellte
zu 15 Arbeitern), darunter wieder überproportional viele Frauen.
Es läßt sich somit für die chemische Industrie feststellen, daß dort auf
seiten der Arbeitnehmer — die ja immer wieder betonen, daß sie ihre
Entscheidung "frei” getroffen hätten — nur ein relativ geringes Interesse
am GUR besteht. Allerdings darf dies nicht nur auf Gründe zurückgeführt
werden, die mehr oder minder mit dem Individuum zu tun haben (z.B.
Gesundheit, Leistungsvermögen, Finanzsituation, Freizeitpräferenzen etc.).
Die "freie" Entscheidung des älteren Arbeitnehmers wird auch und insbe -
sondere durch branchen— und betriebsspezifische Besonderheiten beein -
Außt.
Vgl. auch Prognos AG (1986), S. 168ff
AK