Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

aufgaben verbunden sind'°, Von daher läßt sich in dieser Unternehmung 
der GÜR auch arbeitsorganisatorisch relativ leicht bewältigen. Es handelt 
sich in dieser Unternehmung also nicht — wie ansonsten meist in der 
chemischen Industrie — um ad hoc GÜR — Regelungen, die fallweise und 
arbeitsplatz — und arbeitnehmerbezogen implementiert werden, sondern um 
eher generelle Regelungen. 
Anders sieht es in den meisten anderen Unternehmungen der chemi — 
schen Industrie aus. Obwohl der GÜR von der Arbeitgeberseite in den 
Tarifverhandlungen durchgesetzt wurde, sind die arbeitsorganisatorischen 
Vorraussetzungen für die erfolgreiche und umfassende Umsetzung des 
GÜR in der betrieblichen Praxis nicht oder nur sehr unzureichend 
geschaffen worden. Zwar unternahm man von seiten der Personalleitungen 
eine Vielzahl von Anstrengungen in Richtung Alters — Teilzeitarbeit, lei — 
stete viel Überzeugungsarbeit, "aber es hat letzten Endes nicht gefruchtet” 
(Personalleitung).. Der Grund wird aber von den Personalleitungen und 
auch von der Gwerkschaft nicht in der arbeitsorganisatorischen Unmög — 
lichkeit des GÜR gesehen — dies wird nur für einzelne Tätigkeiten, z.B. 
Führungsaufgaben angeführt —-, der Hauptwiderstand gegen den GUR 
wird auf der mittleren und unteren Führungsebene gesehen. Dort werden 
Vorruhestands — und Sozialplanregelungen als die einfacher zu hand - 
habenden Alternativen gesehen, dort besteht kein besonderes Interesse, 
den GÜR durch das Bereitstellen attraktiver, benutzerfreundlicher Teil — 
zeitstellen zu fördern*®. 
"Es sind diejenigen im Betrieb, die konkret die Verantwortung tragen 
und die Regelung umsetzen müssen, also auch organisatorisch durchsetzen 
müssen. Da kommt der Widerstand her. Es ist also die Ebene der 
betrieblichen Vorgesetzten, da können sie den größten Widerstand fest — 
stellen. ... Sicherlich ist es in Schichtbetrieben viel schwieriger, Teilzeit — 
arbeit zu verwirklichen, als in Normalschichten, das ist keine Frage. Aber 
es gibt einfach Vorbehalte, die aus der Bequemlichkeit heraus kommen, es 
in den Betrieben nicht zu wollen, die prüfen es erst gar nicht. Und da 
sind wir oftmals in der schwierigen Situation, weil wir es denen beweisen 
müssen, es geht doch. Und da hat der Betrieb naturgemäß immer die 
besseren Argumente, weil der kann mit Dingen operieren, die wir gar 
nicht so genau kennen. ... Bei dem generellen Vorbehalt gegenüber der 
Teilzeitarbeit ist es sicher die Bequemlichkeit. Wir haben das schon immer 
5 
Vgl. Kohli, M. u.a. 1988, S. 43; vgl. auch Prognos AG (1986), S. 166, wo auch 
darauf hingewiesen wird, daß gerade Frauenarbeitsplätze in der Produktion aufgrund 
des geringen Qualifikationsniveaus am problemlosesten teilbar seien. 
Vgl. auch Prognos AG (1986), S. 173: "es kommt auch vor, daß von vorneherein nur 
sestimmte (wenig nutzerfreundliche) Formen für möglich erklärt werden — Halb — 
zagsarbeit oder allenfalls täglicher Wechsel — um das Interesse möglichst gering zu 
halten." 
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