Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

viduellen Alternsprozeß bzw. Leistungsvermögen entsprechende Arbeits — 
entlastung bewirken kann (Entlastungsaspekt).” 
Das Eintreten für den gleitenden Übergang wird also zuerst einmal aus 
individuell — gerontologischer Sicht gefordert, um hiermit einen Beitrag 
bzgl. des Problems "Anpassung an den Ruhestand" zu leisten. Danach ist 
davon auszugehen, daß Alterungsprozesse individuell verlaufen, daß die 
Biographien der Menschen, insbesondere die Erwerbsbiographien, unter — 
schiedliche Altersentwicklungen bewirken. Das kalendarische Alter eines 
Menschen ist kein geeigneter Maßstab für die alleinige, zeitliche Fest - 
legung von Alters—- bzw. Verrentungsgrenzen, obwohl es sich als Rege - 
lungskriterium, nicht nur für Verrentungsprozesse, auf vielen Gebieten 
durchgesetzt hat. 
Die Individualität der Alterungsprozesse (einschließlich der individuellen 
Bedürfnis -, Interessen- und Leistungsfähigkeitsentwicklung) verbietet 
geradezu eine Orientierung an einem quasi für alle geltenden kalendari — 
schen oder chronologischen Alter und fordert eine Flexibilität der Alters — 
grenze.” Diesen Sachverhalt betont auch der Leiter der Hauptabteilung 
"Personalplanung" eines großen deutschen Automobilkonzerns, wenn er 
schreibt, "daß das kalendarische Alter allein noch keinen Aufschluß über 
die Leistungsfähigkeit und KEinsatzmöglichkeit eines Mitarbeiters geben 
kann. Im betrieblichen Personaleinsatz ist vielmehr jeder Mitarbeiter indi- 
viduell zu beurteilen”.* 
Aus gerontologischer Sicht sollte dem Einzelnen ein breiter Zeitrahmen 
eingeräumt werden, innerhalb dessen er den Übergang in den Ruhestand 
selbst bestimmen kann; dieser Rahmen sollte aber im Vergleich zu den 
heute geltenden Regelungen sowohl einen früheren als auch einen späte — 
ren Rentenzugang — bezogen auf die Normaltersgrenze von 65 Jahren — 
ermöglichen. 
Damit es nicht — wie heute weitgehend der Fall — zu einem durch 
die betriebliche Beschäftigungssituation und/oder durch Gesundheits —, 
Leistungs- und OQualifikationsdefizite und den daraus resultierenden 
Beschäftigungsrisiken für ältere Arbeitnehmer bewirkten Verrentungsver — 
halten "des frühestmöglichen Zeitpunkts” kommt, muß die Pensionie - 
rungspolitik eingebettet sein in eine Politik der Gesundheits —, Leistungs — 
und Qualifikationserhaltung. Nur gesunde. leistungsfähige und anforde — 
Vgl. Stitzel, M. (1984) 
Vgl. Lehr, U. (1979), S. 137. Dabei ist auch daran gedacht, daß die für Ältere 
oftmals diskriminierend wirkende "Zwangsverrentung' wegen Erreichen einer 
bestimmten Altersgrenze (mandatory retirement), wie sie sich bereits weitgehend 
rechtlich durchgesetzt hat (vgl. zur weitgehenden Aufhebung des arbeitsrechtlichen 
Zwangsverrentungsalters von 70 Jahren: Bundesarbeitsblatt 3/1987, S. 26), beseitigt 
werden muß. Vgl. Sykes, J.T. (1982). 
Zöller, W. (1987), S. 48 — 49. 
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