Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

vorhanden ist’, führt man sich zudem vor Augen, daß das derzeitige 
Verrentungsverhalten "des frühestmöglichen Zeitpunkts” nicht nur Folge 
des schlechten Gesundheits -— und/oder Leistungs—- und Qualifikationszu — 
stands vieler Älterer ist, sondern — unterstützt durch gegenwärtig beste — 
hende finanzielle Anreize, frühzeitig auszuscheiden — in erheblichem 
Maße auf die schlechte Arbeitsmarkt - und Beschäftigungssituation (älterer 
Arbeitnehmer) zurückzuführen ist’°, so bedarf es mehr, als über gesetzli — 
che Maßnahmen zur Flexibilisierung der Altersgrenze nachzudenken. Es 
bedarf — und dies ist der Dreh—- und Angelpunkt für eine langfristige 
Sicherung der Renten — einer Beschäftigungs— und Arbeitszeitpolitik, die 
es vermag, "sowohl die Arbeitslosigkeit abzubauen als auch darüber hinaus 
zusätzliche Arbeitsplätze aufzubauen, um für eine verlängerte Erwerbstä — 
‘tigkeit älterer Arbeitnehmer ... die arbeitsmarktpolitischen Voraussetzungen 
zu schaffen." 75 
Die Notwendigkeit einer Vollbeschäftigungspolitik wird aber nicht nur 
von gewerkschaftsnahen Autoren (wie Bäcker) betont, sondern auch von 
Vertretern der Bundesvereinigung der Arbeitgeber: "Eine Anhebung des 
durchschnittlichen Rentenzugangsalters ist jedoch nur realistisch, wenn sich 
die derzeitigen Arbeitsmarktverhältnisse grundlegend in Richtung Voll- 
beschäftigung geändert haben"’*, Daß es dabei nicht ausreicht, auf den 
demographisch bedingten Rückgang des Erwerbspotentials zu warten und 
in optimistischem Glauben an die Selbstheilungskräfte des Marktes 
beschäftigungs— und arbeitszeitpolitische Abstinenz zu wahren’, haben 
nicht nur die jüngsten Erfahrungen angebotsorientierter Laissez — faire — 
Politik gezeigt, auch angesichts von über das Jahr 2000 hinaus zu 
erwartenden mehr als 2 Mio. Arbeitslosen ist ein aktives Handeln — auch 
des Staates — gefordert. Gesetzliche Maßnahmen zur Flexibilisierung der 
Altersgrenze, z.B. im Rahmen gleitender Modelle des Übergangs vom 
/’1 Vgl. auch Jacobs, K./Schmähl, W. (1987), S. 8 
0 Vgl. z.B. Blume, O./Plum, W./ Naegele, G. (1979), S. 145ff; Schüle, U. (1987), S. 
145 — 168 
Bäcker, G. (1987), S.299 
Eine spürbare Verringerung des rentenpolitischen Problemdrucks "erscheint ... nur 
ei einer grundlegenden Verbesserung der Arbeitsmarktlage realistisch. denn bei 
weiterhin hoher Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer würde z.B. die gesetzliche 
Heraufsetzung der Altersgrenze weitgehend nur eine Verschiebung der Finanzlasten 
von der Rentenversicherung auf andere Sozialhaushalte (wie Arbeitslosenversicherung 
oder Sozialhilfe) bedeuten”. (Jacobs, K./Schmähl, W. 1987, S. 22) 
Hansen, V. (1987) 
Vgl. Bäcker, G. (1987), S. 298
	        
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