Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

1.3.2 
Der GUÜR als Instrument der Personalerhaltungs— und der 
Personaleinsatzpolitik 
Im Gegensatz zum Personalabbau ist der GÜR als Instrument des flexi— 
blen Personaleinsatzes und der selektiven Personalerhaltung von aktuell 
größerer Bedeutung. 
Insbesondere in den nicht tarifvertraglich geregelten und auf keinen 
gesetzlichen Pensionierungsvorgaben beruhenden Unternehmungsmodellen 
wird der GUR als betriebliche Regelung selektiv angeboten, um z.B. 
tangfristige technologische Umstrukturierungen zu bewältigen oder um 
bewährte Arbeitskräfte mit hohen betriebs — und fachspezifischen Qualifi — 
kationen über die derzeitigen Frühverrentungsgrenzen (vgl. die sog. 59er 
Regelung, Sozialplanregelungen oder die Vorruhestandsregelung) hinaus 
weiternutzen zu können®®, 
[Insofern wird der GUR von den Personalleitungen instrumentalisiert, 
um den durch die "Rasenmähermethode" der Frühverrentungsmöglichkeiten 
verloren gegangenen personal—- und pensionierungspolitischen Handlungs — 
spielraum zurückzugewinnen. Heute nehmen fast alle anspruchsberechtigten 
älteren Arbeitnehmer — auch die hochqualifizierten Facharbeiter — eine 
Frühverrentungsmöglichkeit in Anspruch. 
In diesem Zusammenhang dient der GUR insbesondere in Antizipation 
der demographischen Entwicklung und der damit verbundenen Folgen 
Umstrukturierung des Altersaufbaus der deutschen Bevölkerung 
Rückgang des Erwerbspersonenpotentials 
partieller Auszubildendenmangel 
steigender Facharbeitermangel 
Zunahme des Anteils der über 60jährigen 
dazu, Bedingungen zu schaffen, unter denen ältere Arbeitnehmer länger 
produktiv eingesetzt werden können und differenziert nach Qualifiktions — 
merkmalen und Leistungsfähigkeiten (bzw. —einschränkungen) die 
Lebensarbeitszeit zu verlängern und gleichzeitig wieder ein Reservoir an 
Altersjahrgängen aufzubauen (Arbeitnehmer zwischen dem 58. und 63. 
Lebensjahr). Dies kann dann im Falle eines konjunkturellen Einbruchs 
oder weil es der Unternehmung aus anderen Gründen "schlecht geht" z.B. 
über die sog. 59er Regelung wieder abgebaut werden (GÜR als Instru — 
38 In diese Richtung gehen auch Befragungsergebnisse, nach denen nur etwa 5% aller 
Arbeitnehmer in Betrieben arbeiten, die bereits jetzt bei Personalengpässen Ältere 
länger als üblich beschäftigen. Eine Teilzeitbeschäftigung älterer Arbeitnehmer wird 
gar von den Betrieben von weit über 60% der Beschäftigten ausgeschlossen. Statt — 
dessen zieht man lieber Rationalisierungen, Überstunden oder eine Ausweitung der 
Frauenerwerbstätigkeit vor (Vgl. Wagner, G./Kirner, E./Schupp, J. 1988, S.86, 106, 
130.) 
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