Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

Bundesrepublik Deutschland (einschließlich West —- Berlin) praktizierten 
GÜR - Modelle, haben wir uns — neben sekundäranalytischen Studien 
(Auswertung der Literatur, Zeitschriften, Tageszeitungen etc.) — für das 
Erhebungsinstrument einer schriftlichen Befragung (Fragebogen) entschie — 
den. Diese Vorgehensweise scheint uns wegen der Größe der Grund -— 
gesamtheit und der geographischen Streuung der Adressaten angebracht 
(wir haben alle Einzelgewerkschaften und Arbeitgeberverbände, auch auf 
Länderebene, alle im Bundestag vertretenen Parteien, das Bundesarbeits — 
ministerium und verschiedene Forschungseinrichtungen, z.B. WSI, ange - 
schrieben). 
In allen Fällen wurde quasi derselbe Fragebogen verschickt, modifiziert 
jeweils um den Namen des Adressaten. 
2.3.2 
Befragung älterer Arbeitnehmerfinnen im gleitenden 
Ruhestandsmodell 
Zur Rekonstruktion des individuellen Entscheidungsprozesses und der 
Einschätzung der Motive und Gründe, die eine(n) ältere(n) Arbeitneh — 
mer(in) veranlassen, sich für den GUR zu entscheiden, haben wir uns für 
eine qualitativ — biographische Erhebungsmethode entschieden. 
Wollen wir nämlich die derzeitige Akzeptanzproblematik auf der 
Beschäftigtenebene adäquat erforschen, wollen wir erfahren, unter welchen 
Bedingungen und aus welchen Problem—- und Motivzusammenhängen 
heraus sich ältere Arbeitnehmer(innen) für den GUR entscheiden, so 
müssen wir uns auf den Standpunkt des einzelnen Subjekts begeben und 
versuchen nachzuvollziehen, wie es seine Welt kognitiv konstruiert“®. Wir 
müssen uns auf die Ebene des Subiekts und dessen Alltagswissen/ — theo — 
rien begeben, um von dort aus die entsprechenden Einstellungen, Orien — 
tierungen, Wahrnehmungsweisen, Situationsdefinitionen, Wertungen und 
Deutungen zu rekonstruieren. 
Entscheidungen und Handlungen von Menschen können nämlich nicht 
angemessen rekonstruiert werden, wenn sie mit den "objektiven" Gege-— 
benheiten allein kurzgeschlossen werden, sondern "es ist wichtig zu ver- 
stehen, wie Handeln aus Beurteilungen darüber entsteht, was subjektiv 
jeweils angesichts einer spezifischen Arbeits—- und Lebenssituation und 
Arbeits — und Lebenserfahrung als optimal erscheint".“® Mit der Heraus — 
arbeitung der "objektiven" Situation des älteren Arbeitnehmers (z.B. 
Geschlecht, Alter, Schulbildung, Berufsausbildung, Familienstand, Ein- 
kommen, Betriebszugehörigkeitsdauer, hierarchische Position und Status in 
der Unternehmung etc.) und den "objektiven" Spezifika der Verrentung 
bzw. des Verrentungsmodells (z.B. der "Architektur" des Modells) allein ist 
28 Vgl. Kohli, M. (1978), S. 23 
29 Voß, G. (1984), S. 480 
“A
	        
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