aufgezwungene Kommunikationsform den authentischen Charakter alltägli —
cher Umgangs—- und Sprachformen und reduziert damit die soziale
Wirklichkeit auf arrangierte Settings®*®. Von daher versteht sich die quali -—
tativ— biographische Vorgehensweise auch als "Rebellion gegen die
Lebensferne’ gängiger Wissenschaft".“*
Erzählte Lebensgeschichten stellen alltagsweltliche Deutungssysteme dar,
die sehr häufig an kulturellen Handlungsvorgaben oder -— anforderungen
wie bestimmten Deutungsmustern, Relevanzsystemen oder (kollektiven)
Normalitäts - und Lebensentwürfen orientiert sind; diese individuellen
Sichtweisen und Deutungsmuster werden dabei sehr wesentlich durch die
Vorstellungen der Unternehmungsleitungen, des Betriebsrates bzw. der
Gewerkschaft oder auch der "öffentlichen Meinung" mit produziert; es
werden bestimmte Altersbilder und Verrentungsmuster als Interpretationen
angeboten. Eine "Normalbiographie" ist dabei ein Rahmenentwurf vom
Lebenslauf, der das Erreichen und Durchschreiten bestimmter Stationen
des Lebenszyklus als angemessen und durchschnittlich (üblich) anzeigt; in
dem Sinne ist eine Normalbiographie ein soziales Handlungsmuster, das
bestimmte Vorstellungen über "richtiges" Leben, "richtiges" Altern, "nor -
male" Verrentungszeitpunkte usw. vermittelt.*°
Aber selbst solche Deutungsmuster, Relevanzstrukturen oder Normali —
tätsentwürfe als gesellschaftlich angebotene und durch Sozialisationsprozesse
internalisierte Strategien der Wahrnehmung, Interpretation und Bewertung
von Handlungssituationen, die ein konsistentes sinnvolles Handeln in
lebensweltlichen Systemen erlauben sollen und damit als Ressourcen von
[ndividuen zur Bewältigung von z.B. kritischen Lebensereignissen (meist
unbewußt) herangezogen werden, dürfen wir nicht aus manifesten Inter —
viewaussagen direkt ablesen oder gar in standardisierter Form abfragen;
wir müssen sie vielmehr aus möglichst spontan geäußerten Redebeiträgen
Schritt für Schritt rekonstruieren.
Ist es nun ein Ziel unserer Forschungsarbeiten, Handeln älterer
Arbeitnehmer — hier bzgl. der Entscheidung für den GÜR -— nachvoll —
ziehbar zu machen, um von daher auch Hinweise auf eine angemessene
und akzeptable Ausgestaltung von Prozeßmodellen zu gewinnen, so kann
dieser Anspruch methodologisch "nur durch intensive Nutzung und Wei-
terentwicklung lebenslaufbezogener qualitativer Verfahren eingelöst wer -
den" 56
Die Wahl einer qualitativ — biographischen Vorgehensweise als beson-—
derer Typus der Produktion empirischen Materials meint, daß sowohl die
Vergangenheit als auch die Zukunft im Sinne von (biographischen)
33 Vgl. Alheit, P. (1983), S. 217
34 Kohli, M. (1981), S. 290
35 Vgl. Fuchs, W. (1984), S. 46-47
36. Voß, G. (1984), S. 480
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