Ein wesentliches Charakteristikum des Genußmittelgewerbes ist dessen
relative Unabhängigkeit von der konjunkturellen Entwicklung; hinzu kommt
eine relative Unabhängigkeit vom Außenhandel (in der Zigarettenindustrie
lag der Exportanteil bei etwa 4% des Umsatzes)®, auch wenn seit einigen
Jahren — bedingt durch die Stagnation und Rückläufigkeit des Inlands —
marktes — die Exportbemühungen und -— erfolge stark zugenommen
haben‘.
Konnte der Absatz in der Zeit von 1968 bis 1979 noch relativ konti-
nuierlich um durchschnittlich 1,7% im Jahr gesteigert werden”, so gilt seit
Beginn der 80er Jahre die Zigarettenindustrie nicht mehr als Wachstums —
branche, im Gegenteil, sie muß sogar als schrumpfende Branche bezeich —
net werden®.
Die zunehmende Sättigung des Marktes ist dabei wesentlich auf rück -—
läufige Bevölkerungszahlen und ein gestiegenes Gesundheitsbewußtsein
(einschließlich staatlicher Werbeverbote, z.B. im Fernsehen, Hinweise auf
die Gesundheitsgefährdung durch Rauchen, Anti- Raucher - Kampagnen
usw.) zurückzuführen*°; aber auch Tabaksteuererhöhungen machten der
Branche immer wieder zu schaffen. So bewirkte z.B. die Tabaksteuer —
erhöhung 1977 einen Absatzrückgang von etwa 10%**; gravierender war
jedoch eine 39 prozentige Erhöhung der Tabaksteuer im Juni 1982, als
deren unmittelbare Folge der inländische Zigarettenumsatz von 130 Mil-
A
Krusche, R. (1982), S. 1 und S. 14.
50 konnte z.B. Reemtsma seinen Auslandsumsatz 1987 um etwa 6% gegenüber 1986
steigern.
Vgl. Krusche, R. (1982) S. 14; Wolf, J. (1988), S. 32 spricht von durchschnittlichen
Wachstumsraten von 3-4% in den 70er Jahren. Vgl. auch Vollmer, Ch. (1981), S.
16.
Vgl. auch Wolf, J. (1988), S. 32. Die Antwort darauf war und ist ein vielfältiger
Diversifizierungsprozeß, d.h. ein sich "Einkaufen" der Zigarettenkonzerne in andere
Unternehmungen (z.B. erwarb BAT Anteile von Horten und Pegulan; Philip Morris
stieg bei "Seven-Up" und "Miller brewing", Amerikas zweitgrößtem Bierbrauer, ein
und übernahm den Nahrungsmittelkonzern "Kraft".); vgl. z.B. dazu Krusche, R.
(1982), S. 15 und konkret zu Philipp Morris auch Raithel, H. (1986).
Im Rahmen der zunehmenden Diskussion um "Produktethik” verwundert es nicht,
wenn die Zigarettenkonzerne lieber in einem "unverdächtigen” Bereich ihre edie
Gesinnung zeigen: "etwa dem der Kultur. Philip Morris, BAT und Reemtsma, — sie
alle sind bemüht, sich durch Kunstausstellungen und Kunsteditionen, Kultur- und
Forschungspreise ehrenvoller ins Gerede zu bringen als durch das Produkt, mit dem
sie Geld verdienen" (Priewe, J. 1986, S. 23). Jan Philipp Reemtsma gründete 1984
zudem das "Hamburger Institut für Sozialforschung”.
Vgl. Krusche, R. (1982), S. 14-15.