Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

Betriebsräte, sicherlich auch der traditionell hohe Organisationsgrad der 
Beschäftigten dieses Industriezweiges zugute kam. Die Verhandlungen 
zwischen den beteiligten Tarifvertragsvertretern haben sich dabei in der 
Vergangenheit weniger durch antagonistische Standpunkte als durch eine 
kooperative, Verständnis für die Gegenseite aufbringende Verhandlungs — 
führung ausgezeichnet; ein Umstand, der nicht zuletzt auch auf die Per- 
sonen der Verhandlungsführung, Prof.Dr.E.Zander, lange Jahre Vorsitzen — 
der des Arbeitgeberverbandes der Zigarettenindustrie (AdC) und zugleich 
Arbeitsdirektor bei Reemtsma (von 1975-1987), und Dr. Schwahn als 
Vertreter der Arbeitgeberseite sowie die Herren G.Döding und Hermann 
als Vertreter der NGG, zurückzuführen ist. "Die Durchsetzung von tarif— 
politischen Forderungen in der Zigarettenindustrie gelang der NGG weit — 
gehend ohne die Anwendung von Arbeitskampfmaßnahmen. In den letzten 
zehn Jahren wurde in diesem Wirtschaftszweig kein Antrag auf Ur- 
abstimmung gestellt und kein Streik durchgeführt. Bei ernsteren Konflikt — 
fällen reichte schon die Durchführung einer außerordentlichen Betriebs — 
versammlung oder z.B. eine Flugblattaktion aus, um ein Entgegenkommen 
der Unternehmer zu bewirken. Dies kann zum einen darauf zurückgeführt 
werden, daß die Ertragslage in der Zigarettenindustrie einen relativ großen 
Handlungsspielraum für Zugeständnisse an die Arbeitnehmer zuließ. Seit 
1979 kann man aber in einigen Unternehmungen von einer verschlechter — 
ten Ertragslage ausgehen. Zum anderen läßt der starke Konkurrenzkampf 
in dieser Branche vermuten, daß den Unternehmen das Risiko eines 
Produktionsausfalls als zu groß erscheint, da Marktanteile verloren gehen 
könnten, wenn sich die Konsumenten anderen Marken zuwenden."“®, Daß 
eine solche Befürchtung vor Marktverlusten gerade bei einem Arbeit- 
gebervertreter vorhanden ist, der zugleich Vorstandsmitglied einer Unter — 
nehmung ist, die im Falle von Arbeitskampfmaßnahmen gezielt bestreikt 
werden könnte. ist nur verständlich. 
3.1.1.1 
Der Einführungsprozeß der "Sonderregelung für ältere 
Arbeitnehmer" 1978 
Bereits Anfang der 70er Jahre zeichnete sich u.a. als Folge des 
'Olschocks", des Erkennens der "Grenzen des Wachstums" und der damit 
zusammenhängenden Folgen für Arbeitsmarkt und Arbeitnehmer eine 
Wende in der Gewerkschaftspolitik von der quantitativen zur mehr "qua - 
litativen Tarifpolitik” ab. 
Den Beginn dieser Politik kann man im Lohnrahmentarifvertrag II der 
Metallindustrie für Nordwürttemberg — Nordbaden sehen“*°. Auch die NGG 
wollte und konnte nicht zurückstecken und verfolgte konsequent "eine 
28 Krusche, R. (1982), S. 58-59. 
29 Vgl. Dohse, K. u.a. (1978), S. 2-3. 
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