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trafen den eigentlichen Kern der Frage, ihr künstlerisches Wesen noch nicht,
verloren sich vielmehr in mehr dekorativen Versuchen. Es gehört dazu in Zu
kunft eine stärkere Vertiefung, eine künstlerische (auch kunsthistorische) Vor
arbeit, deren wir in Deutschland überhaupt noch ermangeln, die hier die
Richtung und Wegweisung geben muß. Trotzdem war es ein guter Anfang,
ein dankenswerter Versuch, der zu denken gibt und uns Gutes gelehrt hat.
Auf diesen und vielen ähnlichen Wegen muß nun weiter vorgeschritten
werden.
Das nächste Mal wird schon Bedeutenderes bieten. Zuerst aber gilt es die
Erkenntnis zu verbreiten, daß es keineswegs eine gleichgültige Sache wäre,
wenn die heute erreichte Stufe in der Ziegelbaukunst und in der Fabrikation
von dahingehörigen Baumaterialien, die Verblendsteinindustrie und die
Lerrakottenherstellung einbegriffen, wieder sang- und klanglos preisge
geben würde; daß es zugleich volkswirtschaftlich von einer gewaltigen
Tragweite sein und sehr Schlimmes wirken könnte; vor allem aber, daß es
technisch ebenso wie künstlerisch eine Frage ersten Ranges ist, die sich sogar
zu einer gebieterischen Forderung entwickeln muß, daß der Ziegelrohbau in
Zukunft auch bei uns mit allen Kräften gepflegt, seine künstlerische Behand
lung weiter gefördert und auf eine wirkliche respektable Höhe gebracht
werde! Es ist zur allgemeinen Überzeugung durchzuzwingen, daß gegen
wärtig noch die Vorbedingungen dazu vorhanden sind, also der letzte Zeit
punkt gegeben ist, wo dies Ziel noch ohne ungeheuren Zeitverlust, ohne rie
sige neue Opfer ins Auge gefaßt werden kann, um endlich erreicht zu werden.
Daß aber eine Vernachlässigung der durch die Umstände kategorisch ge
forderten Lösung dieser Aufgabe einen unübersehbar nationalen Verlust an
Kunst wie an Nationalvermögen bedeuten, und daß ihr fast unsere gesamte
Ziegelindustrie, - gewiß unsere Verblendstein- und Terrakottenfabrikation
zum Opfer fallen würde, da doch Zeitverhältniffe und Technik, erst recht die
Ratur unseres Landes, insbesondere unserer norddeutschen Tiefebene bis
nach Holland, Jütland und Ostpreußen hin, ihre Erhaltung nicht nur, sondern
gerade ihre Förderung auf das gebieterischste verlangen.
Und daß, sollte das Schlimme wirklich hier bei sehenden Augen doch zu
gelassen werden, eine nicht allzuferne Zukunft diese Forderung von neuem
stellen, aber dann auch unwiderstehlich und unter Beanspruchung neuer, jetzt
noch unnötiger nationaler Aufwendungen durchsetzen würde.