$ 9. Grundiegung.
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Hinüberspringen von einem auf eines der beiden anderen Ge-
biete nicht hinreicht oder nicht unmittelbar möglich ist.
Wir haben dieses Gesetz des harmonischen Ausgleichs im
Seelenleben mit besönderer Ausführlichkeit behandelt, weil es
uns wie kaum etwas anderes einen Blick tun läßt in jene
Tiefen des Seelenlebens, zu denen die experimentelle Psycho-
logie niemals vorzudringen vermag und deren Kenntnis für den
Erzieher doch von äußerster Wichtigkeit ist; denn Zustände
dieser Art finden sich nicht nur beim Erwachsenen, also auch
beim Erzieher, sondern schon beim Kinde und in gesteigertem
Maße beim Jugendlichen. Durch solche Erwägungen über die
Grundbegriffe und Grundgesetze der seelischen Entwicklung
haben wir uns den Weg gebahnt zu den Unterschieden im
menschlichen Seelenleben, zu deren Feststellung wir nun über-
gehen. ;
Literatur. C. Lambek, Zur Harmonie der Seele, Jena 1907.
Zweiter Abschnitt.
Die. Unterschiede im Seelenleben der Menschen.
89. Grundlegung.
1. Da dem Begriff der Erziehung der Unterschied zwischen
Zögling und Erzieher zugrunde liegt, muß dies innerhalb der
pädagogischen Psychologie der erste Gesichtspunkt für die
Unterscheidung des Seelenlebens sein. Die /Psychologie des
Zöglings ‚wird freilich stets der wichtigste Teil unserer Wissen-
schaft bleiben, weil bei ihr der mit dem 'Erziehungsbegriff un-
zertrennlich verbundene Gedanke der Entwicklung am meisten
zur Geltung kommt, . Daneben aber kann die Psychologie des
Erziehers nicht entbehrt werden, weil die Erziehungsarbeit eigen-
artige seelische Verfassungen teils zur Voraussetzung, teils zur
Folge hat, die mit der seelischen Beschaffenheit des Erwachsenen
als solchen durchaus nicht zusammenfallen und daher von der
allgemeinen Psychologie nicht behandelt werden. Die Psycho-
logie des Zöglings hat denselben Umfang wie die Kinderpsycho-
Grunwald. Pädagogische Psvchölogie: a